Polaschek
Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) zeigt sich über die Einwände der grünen Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger "sehr verwundert", wie sein Ministerium dem STANDARD schreibt.
APA/EVA MANHART

Die Aussagen der grünen Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger zum STANDARD sorgten am Mittwoch für erheblichen Aufruhr in der österreichischen Bildungspolitik.

Blimlinger, die für die Grünen mit dem ÖVP-geführten Bildungsressort über eine Reform der Lehrerausbildung verhandelt, hat sich darin gegen ein wesentliches Vorhaben von Minister Martin Polaschek ausgesprochen. Polaschek hatte bereits im November des Vorjahres angekündigt, dass das Lehramtsstudium verkürzt werden solle.

Nach der aktuellen Regelung dauert das Studium für die Sekundarstufe insgesamt sechs Jahre – vier Jahre für den Bachelor und danach zwei für den Master. Angehende Lehrerinnen müssen damit bis zum Masterabschluss ein Jahr länger an der Hochschule lernen als die große Mehrheit der sonstigen Studierenden, die anhand des üblichen Bologna-Studienaufbaus nach einer Regelzeit von fünf Jahren – drei Jahre Bachelor, zwei Jahre Master – fertig werden können.

Polaschek will den Bachelor auch im Lehramt auf drei Jahre reduzieren. Die Verkürzung werde Linderung des Lehrermangels sein, der von einer Pensionierungswelle vertieft zu werden droht. Ein Gesetz versprach er bereits für den Sommer.

Minister überrascht

Doch nun offenbarte Blimlinger, dass die Grünen eigentlich wenig davon halten: "Ich bin im Grunde nicht für eine Verkürzung", sagte sie dem STANDARD. Für Blimlinger liegt die Ursache für den Lehrermangel großteils im Schulsystem und nicht im Studienaufbau begründet: "Die Vorstellung, dass der Lehrermangel an der Länge des Studiums hängt, halte ich für falsch." Überhaupt seien bei der Reform noch viele Punkte offen, ein baldiger Beschluss stehe nicht bevor.

Der Bildungsminister zeigte sich in einer Reaktion verwundert bis verärgert. Man habe von Blimlingers Dissens erst "über die Medien erfahren". Der Reformplan sei unter Einbindung aller Stakeholder erarbeitet worden und eine Verkürzung des Studiums sei dringend geboten. Die Maßnahme trage "erwiesenermaßen" zur Attraktivierung des Lehramtsstudiums bei, meint Polaschek: "Aus diesem Grund werden wir den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen."

PH-Rektor unterstützt Polaschek

Auch Walter Vogel, der Vorsitzende der Rektorenkonferenz der Pädagogischen Hochschulen (PH), wies Blimlingers Einwände energisch zurück: Die Verkürzung könne "qualitätsvoll und rasch umgesetzt werden", sagt Vogel. Die PHs sein dazu bereit, und er unterstütze Polaschek bei seinem Vorhaben.

Die FPÖ, die schon seit längerem eine Verkürzung der Lehrerausbildung fordert, sah Polaschek "am Gängelband der Grünen". Wenn er sich nun nicht gegen den Koalitionspartner durchsetzen könne, bleibe er ein "reiner Ankündigungsminister ohne echte Durchsetzungskraft". Die ÖH der PH Salzburg erklärte, die mangelnde Reformeinigung sei eine "Katastrophe": „Sechs Jahre Lehramt Sekundarstufe sind zu lange und nicht notwendig. Der daraus resultierende Lehrermangel muss nun entschieden angegangen werden, anstatt immer neue Notpflaster wie Quereinsteiger und pensionierte Lehrer an die Schule zu holen." (Theo Anders, 28.9.2023)