Eva Blimlinger
Die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger wendet sich gegen das vom Bildungsministerium geplante Modell, das auch für das Lehramt drei Jahre Bachelor- und zwei Jahre Masterstudium vorsehen würde.
APA/ROLAND SCHLAGER

Aus dem Mund des Bildungsministers klang die Maßnahme, als wäre sie schon fixiert. Das Lehramtsstudium für die Sekundarstufe – also für mittlere und höhere Schulen – werde künftig insgesamt nur noch fünf Jahre dauern, sagte Martin Polaschek (ÖVP) in den vergangenen Monaten immer wieder. Durch die Verkürzung werde eine Karriere im Klassenzimmer für Studieninteressierte attraktiver, prophezeite er – das könne auch ein Beitrag zur Linderung des Lehrermangels sein, der von einer Pensionierungswelle vertieft zu werden droht.

Nach der aktuellen Regelung dauert das Studium insgesamt sechs Jahre – vier Jahre für den Bachelor und danach zwei Jahre für den Master. Angehende Lehrerinnen müssen damit in Österreich bis zum Masterabschluss ein Jahr länger an der Hochschule lernen als die große Mehrheit der sonstigen Studierenden hierzulande, die anhand des üblichen Bologna-Studienaufbaus nach einer Regelzeit von fünf Jahren – drei Jahre Bachelor, zwei Jahre Master – fertig werden können.

Bachelor auf drei Jahre reduzieren

Polascheks erste Ankündigung, dass mit dem sechsjährigen Sonderweg im Lehramt bald Schluss sein soll, liegt nun selbst schon wieder fast ein Jahr zurück. Im November des Vorjahres erklärte er, dass der Bachelor im Zuge einer größeren Reform der Lehrerausbildung auf das normale Maß von drei Jahren reduziert werden solle.

An diesem Plan hielt die ÖVP auch fest, als vonseiten zahlreicher Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer der Unis sowie der Plattform für Lehrer:innenbildung heftiger Widerspruch an Polascheks "übereilter Entscheidung" samt befürchteter Qualitätseinbußen laut wurde. Der türkise Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner erwiderte prompt, die Kritik sei nicht nachvollziehbar.

Doch offenbar konnte auch der grüne Koalitionspartner in all den Monaten nicht von Polascheks Vorstoß überzeugt werden. Die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger sagt nun zum STANDARD, dass das Modell von drei Jahren Bachelor plus zwei Jahre Master keineswegs fix sei: "Ich bin im Grunde nicht für eine Verkürzung." Ohne grüne Zustimmung kann es die Verkürzung nicht geben, denn hierfür bräuchte es eine Gesetzesänderung.

Problem sei an Schule, nicht Uni

Für Blimlinger liegt die Ursache für den Lehrermangel großteils im Schulsystem und nicht im Studienaufbau begründet: "Die Vorstellung, dass der Lehrermangel an der Länge des Studiums hängt, halte ich für falsch: Es gibt genügend Anmeldungen von Studienanfängern."

Ein großes Problem sei, dass junge Lehrkräfte, die mitunter schon während des Bachelorstudiums zu unterrichten beginnen, in den ersten Jahren an der Schule ausbrennen und dann das System verlassen. Auch die gelebte Praxis, bei der viele Bachelorabsolventinnen bereits Vollzeit als Lehrerinnen eingesetzt sind und parallel ihr Masterstudium binnen einer Achtjahrefrist vollenden müssen, um eine langfristige Anstellung erhalten zu können, trage zur Überlastung des jungen Personals bei.

Erhebliche Verzögerungen 

Die Abgeordnete und ehemalige Uni-Rektorin plädiert dafür, den Master als duales Studium zu konzipieren, "ähnlich wie die Lehrlingsausbildung". Das könne etwa so aussehen, dass man nur die halbe Lehrverpflichtung bekommt und parallel fertig studiert. Prinzipiell sei auch das – politisch wohl eher unrealistische – Konzept eines verschränkten Studiums "interessant", bei dem Bachelor- und Masterstudien nicht mehr getrennt sind, sondern ineinandergreifen. "Wie lange so ein kombiniertes Modell dann am Ende dauert, wird man sich anschauen müssen, aber das ist für mich sicher nicht das zentrale Thema."

Die Gesamtreform der Lehrerausbildung wird jedenfalls weiterhin noch einige Zeit auf sich warten lassen. Ursprünglich hat das Bildungsministerium einen Gesetzesbeschluss vor dem Sommer angepeilt – damit wäre noch Zeit für eine Umstellung der Studienpläne ab dem Studienjahr 2024/25 gewesen. Das kann sich aber nun kaum mehr ausgehen, denn es gibt angesichts der türkis-grünen Uneinigkeit noch nicht einmal eine Regierungsvorlage.

Wenn überhaupt

Ein weiterer Punkt, der laut Blimlinger in den koalitionären Verhandlungen noch offen ist, ist die sogenannte Induktionsphase. In dieser einjährigen Phase werden neu einsteigende Lehrkräfte durch eine erfahrene Lehrperson mit einem Mentoring begleitet und müssen zudem bestimmte Einführungslehrveranstaltungen an einer Pädagogischen Hochschule (PH) besuchen. Die Grünen-Abgeordnete will eine Neugestaltung dieser Phase – vor allem für jene, die schon während des Bachelors unterrichten. Diese Gruppe habe nämlich andere Bedürfnisse in Sachen Begleitung als jene, die bereits fertig studiert haben und somit eine längere Ausbildung hinter sich haben.

Ob es bei den Änderungen in der Lehrerausbildung überhaupt zu einer Einigung von ÖVP und Grünen kommen wird, scheint fraglich. Blimlinger formuliert die Prognose nur in der Form eines Konditionalsatzes: "Wenn, dann sollte die Gesetzesreform beim Lehramt schon noch diesen Herbst fertig verhandelt werden." (Theo Anders, 26.9.2023)