Was sich schon seit einiger Zeit abgezeichnet hat, hat das Sommertransferfenster 2023 nun bestätigt: Der Kaufrausch der Klubs im nationalen und internationalen Profifußball setzt sich ungebrochen fort. Laut einer kürzlich publizierten Analyse des Fußballweltverbands Fifa wurde im Sommertransferfenster 2023 das Rekordjahr von 2019 noch einmal übertroffen. Insgesamt gaben die Klubs für die Verpflichtungen von Spieler:innen 7,36 Milliarden US-Dollar aus. Im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr ergibt das ein Plus von 26 Prozent. Dabei wurden erstmals mehr als 10.000 Transfers gemeldet. Auch die Spielervermittler:innen durften sich in diesem Sommer über Einnahmen in Höhe von 696,6 Millionen US-Dollar freuen.

Während zwar immer noch die meisten Transferausgaben von Klubs in Europa getätigt wurden (81,6 Prozent), nehmen mittlerweile auch Klubs aus der arabischen Welt eine Schlüsselrolle auf dem Transfermarkt ein. Nach der oben genannten Statistik der Fifa gaben Klubs aus der Saudi Pro League insgesamt 875,4 Millionen US-Dollar aus – der zweitgrößte Betrag aller Verbände in diesem Zeitraum. Mit dem Erstarken der Klubs aus dem Nahen Osten wurde ein altbekanntes Problem wieder virulent, nämlich die unterschiedlichen Transferfenster in den verschiedenen Ligen. Die Transferfenster der Ligen in der Arabischen Welt schließen bis zu drei Wochen später als jene in den meisten europäischen Top-Ligen. Aber auch die Transferperioden innerhalb Europas sind uneinheitlich. So gleichen diese unterschiedlichen Transferfenster eher einem Fleckerlteppich und die Beschwerden über damit verbundene Wettbewerbsverzerrungen werden immer lauter.

Jürgen Klopp
Zuletzt äußerte Jürgen Klopp, Trainer des FC Liverpool, Kritik an den unterschiedlichen Transferfenstern und forderte ein Eingreifen der Verbände.
AP/Matthias Schrader

Transfer in a nutshell

Grundsätzlich müssen Transfers innerhalb des von der jeweiligen Liga vorgegebenen Transferfensters vollzogen werden. Nach der Einigung aller an einem Wechsel beteiligter Parteien müssen die für die Meldung des bevorstehenden Wechsels erforderlichen Unterlagen rechtzeitig (das heißt vor Ablauf des "Deadline Days") bei der zuständigen Liga eingegangen sein. Nur dann wird der Transfer genehmigt und der Spieler registriert, wodurch er seine Spielberechtigung erhält. Nach dem "Deadline Day" gilt – wie im Roulette – "Rien ne va plus" (zu Deutsch: Nichts geht mehr) und es können keine weiteren Transfers getätigt werden. Es ist dann bis zur Öffnung des nächsten Transferfensters zuzuwarten.

So einfach die Theorie. In der Praxis können sich für Klubs, auch bedingt durch den Fleckerlteppich bei den Transferperioden, schwierige Aufgaben bei der Kaderplanung ergeben. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Fifa den nationalen Verbänden große Spielräume bei den Transferperioden überlässt.

Vorgaben durch Fifa

Der Artikel 6 des Fifa-Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern regelt die sogenannten Registrierungsperioden. Im allgemeinen Fußballerjargon sind darunter die Transferfenster gemeint. Nach dem Fifa-Reglement können sich Fußballspieler:innen grundsätzlich nur während der vom jeweiligen nationalen Verband näher definierten Registrierungsperioden bei einem Klub registrieren lassen. Dabei gibt das Fifa-Reglement zwei Transferfenster vor, wobei die Verbände für ihre Männer- und Frauenwettbewerbe unterschiedliche Transferfenster vorsehen dürfen. Im Folgenden beleuchten wir den Männerfußball.

Das erste Transferfenster (Sommer-Transferfenster) beginnt grundsätzlich am ersten Tag der Spielzeit. Es ist auf zwölf Wochen beschränkt. Die zweite Registrierungsperiode (Winter-Transferfenster) wird im Normalfall in der Mitte der Spielzeit festgelegt und ist auf vier Wochen beschränkt. Den konkreten Zeitpunkt der Öffnung und Schließung der Transferfenster können die Nationalverbände autonom festlegen.

Im Übrigen gelten die Vorgaben des Fifa-Reglements zu den Transferfenstern nicht für Wettbewerbe, die ausschließlich von Amateuren bestritten werden. Dafür sind die zuständigen Verbände verantwortlich.

Transferfenster in Österreich

Die Regelungen zu den Transferfenstern in Österreich finden sich in § 7 des Regulativs für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler wieder. Danach beginnt die Sommerübertrittszeit der Österreichischen Fußball-Bundesliga am 21. Juni, frühestens jedoch am Tag nach dem letzten Spiel der Meisterschaft, und endet am 1. September. Die Winterübertrittszeit der Bundesliga ist vom 1. Jänner bis 6. Februar. Längere Fristen gelten für Nachwuchsspieler, die das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie dürfen sich nach dem Ende der Sommerübertrittszeit noch bis 30. September, nach dem Ende der Winterübertrittszeit noch bis 31. März für einen Klub anmelden. Die Übertrittszeiten der Landesverbände laufen von 5. bis 15. Juli und vom 7. Jänner bis 6. Februar.

Wie sieht es in anderen Fußballligen aus?

Nach dem Fifa Worldwide Registration Periods Calendar gelten in der Saison 2023/24 für die wichtigsten Ligen folgende Transferperioden:

Sommer-Transferfenster 2023

* Im Kalender der Fifa ist zwar der 20.9.2023 eingetragen, nach eigenen Angaben der Saudi Pro League ist das Sommer-Transferfenster aber "nur" bis 7.9.2023 offen.

Winter-Transferfenster 2023/24

Unterschiedlich gehandhabt wird auch die Uhrzeit am Deadline Day: In Deutschland schließt das Transferfenster normalerweise um 18 Uhr, in anderen Ländern, wie in Österreich, erst um Mitternacht.

Die Krux rund um unterschiedliche Transferfenster

Aber warum die ganze Aufregung über unterschiedliche Transferfenster? Nun bei unterschiedlichen Transferfenstern ergibt sich folgende Problematik: Auch bei "Ladenschluss" im Land des abgebenden Klubs können nach wie vor Transfers in Länder, in denen das Transferfenster noch geöffnet ist, vollzogen werden. Beispielsweise kann ein Profi aus der Österreichischen Bundesliga im Sommer auch nach Transferschluss in Österreich für einige Zeit in die Schweiz oder die Türkei transferiert werden. Wird nun ein Spieler nach Transferschluss im Land des abgebenden Klubs transferiert, hat der abgebende Klub keine Möglichkeit mehr, auf den Abgang dieses Spielers zu reagieren und auf dem Transfermarkt adäquaten Ersatz zu suchen.

Dagegen könnte man freilich einwenden, dass ein Klub den Spieler ja gar nicht abgeben muss, wenn er nicht mehr aktiv am Transfermarkt für Ersatz sorgen kann. Das ist zwar im Grunde richtig, aber man will keine unzufriedenen Spieler im Kader haben, die das Teamklima vergiften könnten. Zudem enthalten Spielerverträge oftmals auch eine Ausstiegsklausel, der zufolge der interessierte Klub Spieler durch Zahlung der im Vertrag festgelegten Ausstiegssumme vom bisherigen Klub loseisen kann. Der abgebende Klub kann dagegen nichts tun. Auch wenn diese Klauseln meist mit exorbitanten Beträgen festgesetzt werden, gibt es seit dem Einstieg der Saudi Pro League in das internationale Transferkarussell nunmehr einen Wettbewerber, der über nahezu endlose finanzielle Ressourcen verfügt und dreistellige Millionenbeträge aus der Portokasse zahlen kann. Den Klubs ist daher zu empfehlen, bei der Ausgestaltung der Ausstiegsklauseln besondere Vorsicht walten zu lassen. Bei Vertragsverhandlungen ist in Zukunft sorgfältiger darauf zu achten, zu welchem Zeitpunkt die Ausstiegsklauseln gezogen werden können. Eine Angleichung der Ausstiegsklausel an das eigene Transferfenster ist in diesem Fall ratsam.

Vor diesem Hintergrund hat der Transfer-Guru Fabrizio Romano die unterschiedlichen Schließungen des Transferfensters in den europäischen Ländern besonders kritisiert. Dabei nennt er einen geplatzten Bayern-Deal als Beispiel. So konnte der FC Bayern am deutschen "Deadline Day" den Transfer von Joao Palhinha vom englischen Klub FC Fulham nicht rechtzeitig unter Dach und Fach bringen. Einer der Gründe soll darin bestanden haben, dass die Bayern weniger Zeit dafür hatten, den Deal abzuschließen: Das Transferfenster in Deutschland schloss fünf Stunden früher als in England.

Dabei ist die Aufregung rund um den Fleckerlteppich bei den Transferperioden nicht gänzlich neu. Im Jahr 2009 kam es insbesondere in Schweden zu Diskussionen. Während in Österreich die Saison – vereinfacht gesagt – von Sommer bis Sommer läuft, spielt der schwedische Verband im Kalenderjahr zur besseren Ausnutzung der langen Tage des Sommers. Das bedeutet, dass die von der Fifa vorgegebene lange, zwölfwöchige Transferperiode in den Winter fällt und im Sommer nur vier Wochen für Transfers zur Verfügung steht. Ein Vorschlag mit einer Aufteilung von jeweils acht Wochen wurde von der Fifa abgelehnt. Das Auftreten der Saudi Pro League auf dem internationalen Transferpaket hat die Diskussionen nun wieder befeuert.

Für die Klubs der Saudi Pro League dreht sich das Transferkarussell länger

Wechsel innerhalb Europas sind in der Regel bis Ende August beziehungsweise Anfang September möglich. Lediglich in die Schweiz (7.9.), nach Portugal (22.9.) und in die Türkei (15.9.) kann zu einem späteren Zeitpunkt gewechselt werden. Mehr ins Gewicht fallen jedoch die längeren Transferfenster der Arabischen Welt. Nach Katar (18.9.), in die Vereinigten Arabischen Emirate (21.9.) und nach Saudi-Arabien (7.9.) können noch länger Transfers stattfinden. Kurze Verwirrung in den Medien gab es diesen Sommer beim Ende der Transferzeit in Saudi-Arabien. Während die Fifa in ihrer Auflistung den 20.9. als Ende der Transferzeit deklarierte, gab der Verband der Saudi Pro League den 7.9. als offiziellen Deadline Day aus.

Sollte ein arabischer Klub somit noch nach dem Transferschluss in einer europäischen Top-Liga an einem ihrer Stars interessiert sein und bereit sein, extrem zu investieren, kann es speziell werden. Denn dann könnten die europäischen Klubs nicht mehr reagieren, falls Spieler noch dem Ruf des Geldes aus der Arabischen Welt folgen. Dieses Ungleichgewicht bekam heuer auch der europäische Topklub FC Liverpool zu spüren. So versuchte Al-Ittihad, den ägyptischen Superstar Mohammed Salah nach Saudi-Arabien zu lotsen. Jürgen Klopp übte angesichts des Umstands, dass den FC Liverpool bereits mehrere Spieler in Richtung Saudi-Arabien verlassen haben, wegen der unterschiedlichen Transferfenster Systemkritik und forderte ein Eingreifen der Verbände.

Die Tatsache, dass arabische Klubbesitzer auch europäische Klubs kontrollieren, birgt zusätzliche Brisanz. So wird ein arabischer Klubbesitzer zwar nicht in seinem eigenen europäischen Team nach Ende der Transferperiode wildern, sehr wohl kann er die Möglichkeit ergreifen, um für Unruhe bei der Konkurrenz zu sorgen. Unter diesen Gesichtspunkten stellen sich viele die Frage, warum es die Fifa nach wie vor den Nationalverbänden überlässt, autonom die genauen Übertrittszeiten festzulegen. Wie schon das Beispiel Schweden veranschaulicht, gibt es durchaus gewichtige Argumente für eine unterschiedliche Handhabung bei den Transferfenstern.

Argumente für unterschiedliche Transferfenster

So spricht der unterschiedliche Startbeginn der verschiedenen internationalen Ligen für unterschiedliche Transferfenster. Viele Länder müssen den Beginn ihrer Saison an die besonderen klimatischen Bedingungen im eigenen Land anpassen. Ein Spiel in der Julihitze ist schon für Spieler in der Österreichischen Bundesliga eine körperliche Herausforderung, bei Spielen im Hochsommer in der Türkei kann das sogar zum Gesundheitsrisiko für die Fußballer werden. Bei einem späteren Saisonstart sind sohin auch die Transferfenster anzupassen und der Deadline Day fällt folglich auf einen späteren Tag.

Darüber hinaus kann ein späteres Ende der Transferperiode finanzschwächere Ligen unterstützen. So können Spieler, die in den stärkeren Ligen am Abstellgleiß stehen, auch nach Transferschluss noch günstiger verpflichtet werden. Diese Praxis macht sich seit Jahren auch unser Nachbar Schweiz zu Nutze. Von unlauterem Wettbewerb hört man in diesem Zusammenhang aber nichts.

Fazit und Ausblick

Die Stimmen unter den Fußballmanagern und anderen Stakeholdern im europäischen Fußball, die sich gegen die unterschiedlichen Transferfenster in den weltweiten Ligen aussprechen, werden lauter und lauter. Viele sehen in den unterschiedlichen Transferfenstern eine Wettbewerbsverzerrung und plädieren dafür, dass die Transferfenster gleichzeitig schließen müssen. In der aufgeheizten Diskussion wird häufig übersehen, dass die Saudi Pro League im Einklang mit dem Fifa-Regeln handelt. Außerdem sprechen für unterschiedliche Transferfenster auch geographische bzw. klimatische Besonderheiten in den unterschiedlichen Ländern rund um den Erdball. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Fifa der derzeitigen Gemütslage der Manager in den europäischen Top-Ligen folgen und durch eine Reglement-Anpassung für eine Angleichung der Transferfenster sorgen wird. Unabhängig von einer Entscheidung der Fifa hat die Saudi Pro League den Fußballmarkt aber jedenfalls verändert. (Daniel Maurer, Johannes Mitterecker, 3.11.2023)