Die Ehe ist ein Vertrag. Um diesen Vertrag aufzulösen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Möchte man das "einvernehmlich" tun, braucht es – wie der Name bereits vermuten lässt – vor allen Dingen eine Einigung, und zwar erstens darüber, dass man eine Scheidung will, und zweitens eine Einigung über die Folgen einer Scheidung. Wie bei jedem anderen Vertrag kann man von den vertraglichen Verpflichtungen vor allem dann abweichen, wenn es beide wollen. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, auf Scheidung zu klagen, dafür braucht es aber Gründe.

Eheringe auf Scheidungspapier
Wenn eine Scheidung unausweichlich ist, ist eine einvernehmliche Lösung sicher grundsätzlich gut. Aber auch diese Option ist eine ernste Angelegenheit.
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Immer wieder fällt auf, dass es Menschen nicht bewusst ist, dass eine Ehe nicht einfach so einseitig, ohne Angabe von Gründen jederzeit kündbar ist und dass man für eine einvernehmliche Scheidung insbesondere die Mitwirkung des anderen Eheteils braucht. Gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass zwei Menschen eine Scheidung nur selten anstreben, wenn sie sich besonders gut verstehen.

Grundsätzliches zum Ablauf

Während die meisten Menschen wissen, dass am Standesamt geheiratet wird, ist das Wissen über den Ablauf einer (einvernehmlichen) Scheidung weit dünner. Scheidungswillige Eheleute können gemeinsam bei dem jeweiligen Wohnort-Bezirksgericht einen Antrag auf Scheidung stellen. Dieser Antrag auf Scheidung kann sowohl mündlich beim Bezirksgericht – zum Beispiel am Amtstag – zu Protokoll gegeben als auch schriftlich gestellt werden. Es gibt auch ein Formular, das man dafür verwenden kann.

Das zuständige Bezirksgericht wird nach einem Antrag auf eine einvernehmliche Scheidung eine Verhandlung anberaumen. Zu dieser Verhandlung müssen beide Eheleute persönlich erscheinen. Die Vereinbarung, die zwei Eheleute über die wesentlichen Scheidungsfolgen treffen müssen, damit eine einvernehmliche Scheidung möglich ist, kann entweder mündlich vor Gericht geschlossen werden oder bereits schriftlich mitgenommen und bei Gericht vorgelegt werden. Es empfiehlt sich in jedem Fall – auch bei einer einvernehmlichen Scheidung –, eine Rechtsberatung vorab in Anspruch zu nehmen. Hat ein Ehepaar minderjährige Kinder, ist es notwendig, dass vor der einvernehmlichen Scheidung eine Elternberatung bei einer geeigneten Person absolviert wird.

Das Gericht entscheidet schließlich über den Antrag auf eine einvernehmliche Scheidung mit Beschluss. Gegen diesen Beschluss kann noch ein Rechtsmittel erhoben werden. Es ist aber auch möglich, in der Verhandlung auf ein Rechtsmittel zu verzichten, dann wird die Scheidung direkt rechtskräftig.

Worüber braucht es eine Einigung?

Wenn man sich einvernehmlich scheiden lassen möchte, braucht es eine Einigung über die wesentlichen Scheidungsfolgen. Diese sind: Wie soll das eheliche Vermögen (eheliche Ersparnisse und eheliches Gebrauchsvermögen) aufgeteilt werden? Was soll mit etwaigen gemeinsamen Schulden passieren? Soll ein Ehepartner nachehelichen Unterhalt (Achtung, nicht mit Kindesunterhalt verwechseln!) bekommen? Wenn es gemeinsame Kinder gibt, muss weiter geklärt werden, wie es mit der Obsorge weitergeht, wie das Kontaktrecht ausgestaltet sein soll und welcher Kindesunterhalt geschuldet wird.

Weiters muss die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens sechs Monaten aufgehoben sein, das heißt, dass man seit mindestens sechs Monaten getrennt sein muss. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass auch eine häusliche beziehungsweise räumliche Trennung von sechs Monaten erforderlich ist. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil: Ein voreiliger Auszug kann eine schwere Eheverfehlung darstellen. Aus taktischen Gründen sollte der Wohnungsauszug daher auf keinen Fall erfolgen.

Kosten einer einvernehmlichen Scheidung

Eine einvernehmliche Scheidung hat den Vorteil, dass man sich im besten Fall ein langwieriges, teures und emotional aufwendiges Verfahren erspart. Hat man gemeinsame Kinder, ist ein streitiges Scheidungsverfahren auch für die Kinder eine immense Belastung. Für den Scheidungsantrag müssen 312 Euro bezahlt werden, für den notwendigen Vergleich in der Verhandlung ebenfalls 312 Euro. Soll (unbewegliches) Eigentum übertragen werden, kann noch etwas dazukommen.

Konsequenzen im Blick haben

Wenn eine Scheidung unausweichlich ist, ist eine einvernehmliche Lösung sicher grundsätzlich gut. Aber man darf sich auch vom Namen "einvernehmliche Scheidung" nicht täuschen lassen. Eine Scheidung ist nie so, als würde man zusammen in Wohlfühlatmosphäre einen schönen Ausflug machen, sondern eine ernste Angelegenheit. Der Ansatz, auf alles zu verzichten, was man möglicherweise jahrelang gemeinsam aufgebaut hat, nur um Streit vermeiden zu wollen, ist kein guter.

Ganz grundsätzlich empfiehlt es sich, dass man sich in einem ersten Schritt selbst überlegt, welche Lösung man als akzeptabel empfinden würde, bevor man mit dem Partner oder der Partnerin spricht und sich schließlich vielleicht mit einer Einigung konfrontiert sieht, die sehr nachteilig ist. Eine Scheidung kann weitreichende (auch pensions- und sozialversicherungsrechtliche) Konsequenzen nach sich ziehen, und daher gilt es, gut abzuwägen. Auch wenn der Wunsch, einfach nur "raus" zu kommen, verständlich ist, kann eine "Koste es, was es wolle"-Mentalität im Ergebnis langfristig teuer sein. (Theresa Kamp, 10.10.2023)