Portrait von Andrea Zeilinger vor dem Schminktisch
Make-up-Artistin Andrea Zeilinger stylt alle – von der Führungskraft bis hin zu Laufstegmodels.
Andrea Zeilinger

Am liebsten streicht sie dicke gelbe Striche auf die Gesichter von Models. Looks für den Laufsteg oder Werbefotografien sind wahre Kunstwerke – dabei schlägt Andrea Zeilingers kreatives Herz höher. Mit flüssigem Eyeliner zu arbeiten findet sie am schwierigsten, denn der verzeiht nichts. Seit 20 Jahren versucht sie Frauen das Schminken beizubringen. Männer kommen ihr auch vor den Pinsel, wenn sie zum Beispiel die Führungsetagen für ein Business-Fotoshooting aufhübscht. Finanziell stellte sie ein lustiges Muster fest: Je weniger Make-up sie auftragen soll, desto mehr Geld verdient sie. Welche drei Dinge Andrea Zeilinger nie tun würde, verrät sie im Gespräch mit dem STANDARD.

1. Typgerechtes Schminken empfehlen

"Ich werde richtig sauer, wenn ich höre: typgerechtes Make-up. Das gibt es nicht! Das würde ich, im Gegensatz zu anderen Kolleginnen und Kollegen, nie jemandem empfehlen. Ein Look kann in meinen Augen zwar furchtbar sein, aber der Kundin oder dem Kunden enorm gut gefallen, und sie fühlen sich damit pudelwohl. Durch Make-up kann man das Gesicht stark verändern. Aber die Frage ist doch: Will die Person das auch? Was mag man an seinem Gesicht, was will man ausdrücken? Denn Schminken zeigt die eigene Haltung zum Leben. Und die sollte einem niemand vorschreiben. Deswegen brauche ich viel Einfühlungsvermögen, um herauszufinden, wie meine Kundinnen und Kunden aussehen möchten. So baut sich in kürzester Zeit ein sehr intimes Verhältnis auf. Das schätze ich an meinem Job sehr."

2. Zu viel Make-up auftragen

"Leider sehe ich das gerade sehr viel auf den Straßen: völlig zugekleisterte Gesichter. So viel, dass die echte Haut überhaupt nicht mehr sichtbar ist. Wenn man unreine Haut abdecken möchte, empfehle ich, mit einem Concealer zu arbeiten. Das funktioniert hervorragend und wirkt nicht wie eine hautfarbene Maske. Social Media hat im Make-up-Bereich viele Trends hervorgebracht. Aber jemanden für ein Foto oder ein Video zu schminken ist oft etwas anderes, als Tages-Make-up aufzutragen. Durch viel Make-up soll die Haut fürs Foto ebenmäßig wirken – zweidimensional werden. Oft kommen dann noch viel zu dunkle braune Striche im Gesicht dazu und Schimmerprodukte auf die Wagenknochen, um den Schaufensterpuppeneffekt perfekt zu machen."

3. In Trendfallen tappen

"Gerade sind die Monster(augen)brauen, geklebte Wimpern und umrandete Lippen wieder in – die 90er lassen grüßen. Vor allem junge Mädchen versuchen das Make-up von Laufstegen oder Kunstfotografien nachzumachen. Im Alltag, finde ich, sieht das manchmal etwas übertrieben aus. Ich wäre deshalb bei Trends immer ein wenig vorsichtig. Aber ganz ehrlich: Denken Sie an Ihre Jugend zurück ... Wer noch keine Schminksünde begangen hat, der werfe den ersten Pinsel. Junge Frauen haben ein Recht darauf, Fehler zu machen. Und mich würde auch freuen, wenn mehr Männer das Schminken wieder für sich entdecken würden, so wie sie es jahrhundertelang zuvor taten. Ich bin sowieso dafür, dass jede und jeder sich traut, ungewöhnliche Looks auszuprobieren, damit zu spielen, in andere Rollen zu schlüpfen. Das macht einfach großen Spaß!" (Natascha Ickert, 22.10.2023)