Tunesiens Präsident Kais Saied
Lehnt erste Zahlungen der EU als "Almosen" ab: Tunesiens Präsident Kais Saied.
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Als Vorbild soll die Absichtserklärung dienen, die Mitte Juli von der EU und Tunesien vereinbart worden war. Kernstück ist, dass Tunesien irreguläre Migration über das Mittelmeer eindämmen soll. Gelingt dies, so die Überlegung, könnte man Absprachen auch mit anderen Nachbarländern in die Wege leiten, um die Flucht- und Migrationsbewegungen nach Europa endlich in geordnete Bahnen zu lenken.

Allerdings, und das weiß man mittlerweile durch die Kooperationen mit Recep Tayyip Erdoğan oder der libyschen Küstenwache, muss sich Europa dabei auf mitunter zwielichtige Akteure einlassen, die im Nachgang gerne mehr einfordern.

Und so lehnt Tunesiens autokratisch herrschender Präsident Kais Saied nun eine erste EU-Zahlung von 127 Millionen Euro als "Almosen" ab. Tatsächlich waren im Juli Finanzspritzen von rund einer Milliarde Euro vereinbart worden, wobei der Großteil an unbeliebte Wirtschaftsreformen geknüpft ist.

Dass Saied diese ablehnt, war zu befürchten – ebenso, dass er sich mit dem restlichen Geld nicht zufriedengeben wird. Saied kann nun aus einer Position der Stärke agieren, denn spätestens als Mitte September binnen einer Woche mehr als 11.000 Menschen auf Lampedusa ankamen, war vielen klar: Die EU braucht Tunesien, die EU braucht diese auch menschenrechtlich fragwürdigen Absprachen, solange sie sich nicht auf eine gemeinsame und sinnvolle Asyl- und Migrationspolitik einigt. Und die ist derzeit nicht in Sicht. (Kim Son Hoang, 3.10.2023)