Im Grunde sind Personen im Rechtsverkehr frei, solange sie sich im Rahmen der Gesetze bewegen. Es steht ihnen offen zu entscheiden, welche Käufe sie tätigen, ob sie Schulden eingehen, einen Dienstvertrag abschließen, Rechtsstreitigkeiten führen oder sonst eine der vielzähligen Rechtsgeschäfte abschließen. Man spricht hier von der Geschäftsfähigkeit, sohin jener Fähigkeit, sich durch eigenes rechtsgeschäftliches Handeln zu berechtigen und zu verpflichten.

Justizpalast
Der Oberste Gerichtshof beschäftigte sich zuletzt mit der Erwachsenenvertretung und betonte die hierfür geltenden Grundsätze.
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Diese kann bei Erwachsenen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, gänzlich oder teilweise entfallen und eröffnet somit den Anwendungsbereich des Erwachsenenschutzrechts.

Verschiedene Modelle

Das Erwachsenenschutzrecht sieht im Grunde vier Vertretungsmöglichkeiten vor: die Vorsorgevollmacht, die gewählte Erwachsenenvertretung, die gesetzliche Erwachsenenvertretung sowie die vormals unter dem Begriff der "Sachwalterschaft" bekannte gerichtliche Erwachsenenvertretung.

Die Vorsorgevollmacht ermöglicht die Wahl eines Vorsorgebevollmächtigten im Vorhinein und wird erst dann wirksam, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr entscheidungsfähig ist. Eine Alternative dazu stellt die gewählte Erwachsenenvertretung dar, welche die Wahl des Erwachsenenvertreters auch für jene Personen zulässt, welche nicht mehr über die für die Vorsorgevollmacht notwendige Entscheidungsfähigkeit verfügen. Kann oder will die betroffene Person keine Wahl treffen, kommt die gesetzliche Erwachsenenvertretung zum Zug, welche die Vertretung durch Angehörige vorsieht. Ultima Ratio ist sodann die gerichtliche Erwachsenenvertretung.

Das Verfahren der gerichtlichen Erwachsenenvertretung kann auf Antrag der betroffenen Person oder von Amts wegen eingeleitet werden. Sie darf dabei keineswegs sämtliche Lebensbereiche der betroffenen Person umfassen, sondern vielmehr nur für einzelne Angelegenheiten oder Arten von Angelegenheiten bestellt werden. Darüber hinaus ist die gerichtliche Erwachsenenvertretung zu befristen, kann aber, wenn notwendig, laufend verlängert werden.

Beispiel aus der Praxis

Über einen Fall der gerichtlichen Erwachsenenvertretung von Amts wegen musste unlängst der Oberste Gerichtshof entscheiden (1 Ob 253/22w) und betonte dabei abermals die hierfür geltenden Grundsätze. So bedarf es für die Einleitung des Erwachsenenschutzverfahrens konkreter und begründeter Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters. Diese Anhaltspunkte müssen sich sowohl auf die psychische Krankheit oder eine vergleichbare Beeinträchtigung als auch auf die Schutzbedürftigkeit der betreffenden Person beziehen. Darüber hinaus ist eine ausreichende Grundlage für die Gefahr einer Selbstgefährdung notwendig. All dies hängt stets vom konkreten Einzelfall ab.

Im vorliegenden Fall wurde bereits in den Jahren 2012 und 2017 ein temporärer Sachwalter für den Betroffenen bestellt, dies jeweils aus Anlass anhängiger Verfahren. Im Jahr 2022 entschloss sich auch das Landesgericht Krems als Arbeits- und Sozialgericht die Einleitung eines Erwachsenenschutzverfahrens anzuregen. Das geschah, weil der unvertretene Kläger verschiedenste sachfremde Themen ins Verfahren einführte, dem Gericht war es schlussendlich nicht möglich, die Sach- und Rechtslage gehörig zu erörtern.

Das zuständige Erstgericht bestellte sodann einen gerichtlichen Erwachsenenvertreter für den Betroffenen und stützte sich dabei unter anderem auf die durch den Gerichtspsychiater diagnostizierte anhaltende wahnhafte Störung, die es dem Betroffenen verunmöglichte, in den anhängigen Rechtsstreitigkeiten und Themenbereichen den Überblick zu bewahren und Abwägungen vorzunehmen, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit von Prozessrisiken und dafür eingesetzter Mittel an Zeit und Geld.

Der Betroffene versuchte – letzten Endes erfolglos – sich gegen diesen Beschluss zu wehren. Das Rekursgericht pflichtete der Entscheidung des Erstgerichts bei und auch der Oberste Gerichtshof sah keine Notwendigkeit, über den erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs positiv zu entscheiden. Dies vor allem aufgrund der starken Abhängigkeit einer solchen Entscheidung von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls – solange dabei keine grobe Fehlbeurteilung hinsichtlich der oben genannten Anhaltspunkte durch die Vorinstanzen vorliegt, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, so der Oberste Gerichtshof. (Marko, Kainz, 6.10.2023)