Die Chaostage bei den Republikanern dominieren nicht nur die US-amerikanische Innenpolitik, auch die Ukraine blickt dieser Tage mit Besorgnis hinüber ins knapp 8.000 Kilometer weiter westlich liegende Washington, D.C. Denn nach dem historisch einmaligen Sturz des Repräsentantenhaus-Sprechers Kevin McCarthy durch seine eigene Republikaner-Partei steht der US-Kongress still. Und das hat auch Folgen für das sich im Verteidigungskrieg befindende Land.

US-Präsident Joe Biden bei einem Auftritt in Washington
Bei einem Auftritt am Mittwoch zeigte sich US-Präsident Joe Biden angesichts der Situation im Repräsentantenhaus besorgt.
AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

Am Wochenende hatte der US-Kongress einen Übergangshaushalt verabschiedet, der allerdings keine Ukraine-Hilfen vorsieht. Präsident Joe Biden ging kurz danach davon aus, dass McCarthy sein "öffentliches Versprechen" einhalte, die notwendige Unterstützung für die Ukraine zu sichern.

Wer folgt auf McCarthy?

Mittlerweile aber ist McCarthy sein Amt los, gestürzt von einer kleinen Gruppe ultrarechter Republikaner rund um Matt Gaetz. Diese lehnt weitere Hilfen für die Ukraine kategorisch ab. Die Frage ist nun, wer die Nachfolge McCarthys antreten wird und wie diese Person zur Ukraine steht.

Kandidieren wird einerseits McCarthys früherer Stellvertreter Steve Scalise, der zumindest in der Vergangenheit für Ukraine-Hilfspakete gestimmt hat. Ob er auch künftig dafür wäre, ist fraglich. Auch Jim Jordan wird sich zur Wahl stellen: Der Trump-Mann spricht sich eindeutig dafür aus, die Unterstützung für Kiew zu beenden. Es ist davon auszugehen, dass noch weitere Republikaner und Republikanerinnen ihren Hut in den Ring werfen. Abgestimmt werden kann frühestens Mitte nächster Woche, allerdings ist derzeit keine Person in Sicht, die tatsächlich die notwendige Stimmenanzahl für das Amt des Sprechers erreichen könnte. Und ohne Vorsitzenden ist das Repräsentantenhaus weiter gelähmt.

Biden besorgt

Angesichts dieser Umstände zeigte sich Präsident Biden besorgt. "Es beunruhigt mich", antwortete er bei einem Auftritt am Mittwoch in Washington auf die Frage, ob er besorgt sei, dass die USA aufgrund der Unstimmigkeiten im Kongress nicht in der Lage sein könnten, die der Ukraine versprochene Hilfe zu leisten.

Biden fügte aber hinzu, dass er wisse, "dass die Mehrheit der Mitglieder des Repräsentantenhauses und des Senats in beiden Parteien die Finanzierung der Ukraine unterstützen". Er wies zudem darauf hin, dass es neben den vom Kongress genehmigten Hilfstranchen noch einen anderen Weg gebe, wie die USA die Ukraine unterstützen könnten. Er lehnte es ab, weitere Einzelheiten zu nennen. Allerdings gehen US-Medien davon aus, dass man zumindest eine Zeitlang andere Finanzmittel umschichten könne. Eine dauerhafte Lösung sei dies aber nicht.

Rede angekündigt

Erst am Dienstag hatte Biden den wichtigsten Verbündeten in einem Gespräch versichert, dass die USA ihren Ukraine-Kurs fortsetzen würden. Am Mittwoch kündigte er an, bald eine Rede zu halten, in der er erklären werde, warum die USA die Ukraine in ihrem Krieg mit Russland weiter unterstützen müssten.

Während in den vergangenen Monaten immer wieder über eine sinkende Zustimmung der US-Bevölkerung in Sachen Ukraine-Hilfe berichtet wurden, berichtet der Thinktank Chicago Council on Global Affairs, dass immer noch der Großteil die wirtschaftliche und militärische Unterstützung unterstützt. Demnach sei die Zustimmung im Vergleich zum November 2022 um gerade einmal zwei Prozent gesunken. (ksh, 5.10.2023)