Autobahn
Udo Landbauer, freiheitlicher Landeshauptfrau-Vize aus Niederösterreich, spricht sich für Tempo 150 auf gut ausgebauten Autobahnabschnitten aus – sofern es die Verkehrssicherheit erlaubt. Die anderen Parteien sind dagegen.
APA/GEORG HOCHMUTH

Es ist in gewisser Weise ein Déjà-vu: Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) fordert eine Erhöhung des Tempolimits auf Autobahnen auf 150 km/h. Diese Erhöhung sei dort "vernünftig", wo es gut ausgebaute Strecken gebe und wo es die Verkehrssicherheit erlaube. "Was in Tschechien ab nächstem Jahr Realität ist und was in Italien ernsthaft angedacht ist, sollte auch bei uns möglich sein", sagte Landbauer, der in Niederösterreich für das Thema Verkehr zuständig ist.

Damit führt Landbauer quasi die Tradition der Freiheitlichen fort: Denn diese setzten sich in Bundesregierungsverantwortung intensiv für höhere Limits ein. Zweimal wurden Testbetriebe auf ausgewählten Strecken mit höheren Maximalgeschwindigkeiten auch tatsächlich umgesetzt.

Verkehrsminister und Vizekanzler Hubert Gorbach (zuerst FPÖ, dann BZÖ) ließ ab Mitte 2006 auf einem rund zwölf Kilometer langen Abschnitt der Tauernautobahn (A10) zwischen Spittal-Ost und Paternion in Kärnten 160 km/h fahren. Eine Auswertung der ersten, zweimonatigen Testphase ergab, dass 35 Prozent der Autofahrer zwischen 145 und 155 km/h fuhren, nur 15 Prozent erreichten 160 km/h.

Tempolimits auf Autobahnen in der EU
Derzeit gibt es nur in Bulgarien und Polen eine höhere Geschwindigkeitsbegrenzung als hierzulande. Ab 2024 kommt Tschechien dazu: Dort gilt auf ausgewählten Abschnitten dann Tempo 150. In Deutschland gibt es in mehreren Abschnitten keine Tempolimits.
Grafik: Fatih Aydogdu / DER STANDARD

Faymann drehte Test mit Tempo 160 ab

Die zweite Testphase ab November 2006, die eigentlich bis zum Jahr 2010 laufen sollte, wurde nach dem Regierungswechsel von Gorbachs Nachfolger Werner Faymann (SPÖ) schon im Mai 2007 wieder beendet. Der spätere Bundeskanzler verwies auf Studien und Untersuchungen, wonach Tempo 160 die Verkehrssicherheit senke und eine unnötige Belastung für die Umwelt sei.

Ein Jahrzehnt später versuchte es der nächste freiheitliche Verkehrsminister Norbert Hofer unter Türkis-Blau mit Tempo 140. Ab August 2018 galt dieses Limit auf zwei Testabschnitten der Westautobahn (A1): einmal über 88 Kilometer zwischen Melk und Oed in Niederösterreich und einmal über 32 Kilometer zwischen Haid und Sattledt in Oberösterreich.

Auch hier sorgte der Regierungswechsel nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos und dem Bruch von Türkis-Blau für ein vorgezogenes Ende des temporären Projekts. Die aktuelle Verkehrsministerin Leonore Gewessler von den Grünen machte der "Testirrfahrt Tempo 140", wie sie es bezeichnete, am 1. März 2020 den Garaus.

Gewessler spricht sich auch klar gegen die neue freiheitliche Forderung nach Tempo 150 aus. Eine Erhöhung des Tempolimits sei "eine äußerst unvernünftige, gar fahrlässige Idee und für Österreich weder sinnvoll noch praktikabel", wie es aus dem Büro der grünen Ministerin zum STANDARD hieß. Generell gelte, dass geringes Tempo zu weniger Verkehrstoten führe sowie weniger klimaschädliche Emissionen und weniger Lärm verursache. Dazu komme, dass durch geringeren Treibstoffverbrauch auch Geld gespart werde.

Erklärvideo: Was spricht gegen Tempo 150? Ein Blick auf die Fakten, zusammen mit einer Verkehrspsychologin und einem Verkehrsplaner
DER STANDARD

Keine Mehrheit für Tempo 100

Gewessler selbst würde gerne Tempo 100 auf Österreichs Autobahnen umsetzen. Das fordern auch zahlreiche Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Allerdings gebe es dafür keine Mehrheit im Nationalrat, betonte die Ministerin.

Laut der ÖVP Niederösterreich hat sich Tempo 130 auf Autobahnen bewährt, der Status quo soll demnach fortgesetzt werden: "Wir sind klar gegen weitere Einschränkungen und Gängelungsversuche von Autofahrern wie ein generelles Tempolimit von 100 km/h auf unseren Autobahnen", sagte Klubchef Jochen Danninger. "Aber eine Notwendigkeit zur Erhöhung des geltenden Tempolimits erkennen wir aktuell nicht."

Der neue SPÖ-Chef Andreas Babler liebäugelte zunächst mit Tempo 100, präzisierte wenig später nach Widerspruch aus den eigenen Reihen aber: Tempo 100 sei zwar vernünftig – es brauche aber keine gesetzliche Pflicht dafür. Ähnlich sehen das die Neos, die beim Thema Tempo ebenfalls auf Eigenverantwortung pochen.

Tempo 100 gab es schon einmal

Dabei ist Tempo 100 auf Österreichs Autobahnen nichts Brandneues. Am 25. November 1973, also vor fast 50 Jahren, wurde erstmals ein Tempolimit außerhalb des Ortsgebiets eingeführt: nämlich 100 km/h. Davor gab es kein generelles Limit. Der Grund für die Einführung war damals die Erdöl- und Energiekrise. Nur wenige Monate später, am 1. März 1974, wurde das Limit für Autobahnen auf 120 km/h erhöht. Seit 1. Mai 1974 gilt dort generell Tempo 130. (David Krutzler, 6.10.2023)