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Ab 2025 sollen Österreichs Ämter transparenter sein, sofern das Informationsfreiheitsgesetz beschlossen wird. Viele Anträge können besorgte Bürgerinnen und Bürger aber bereits jetzt stellen.
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Die türkis-grüne Koalition jubelt über die Einigung beim Informationsfreiheitsgesetz. Künftig sollen alle Bürgerinnen und Bürger ein verfassungsrechtlich abgesichertes Recht auf Information von öffentlichen Stellen haben. Aber die Betonung liegt eben auf: künftig. Noch ist das Gesetz nicht beschlossen, dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit – und selbst wenn das Parlament die Reform sehr rasch beschließt, wirkt die neue Informationsfreiheit wegen einer eingebauten Übergangsfrist erst 18 Monate später.

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Zeit und Grund genug also, sich mit den aktuellen Regeln auseinanderzusetzen. Schon jetzt gelten Auskunftspflichtgesetze, die öffentliche Stellen zur Preisgabe von Informationen verpflichten. Auf Basis dieser Gesetze können alle Bürgerinnen und Bürger selbst Anfragen stellen. Damit diese von Erfolg gekrönt sind, gilt es einige wichtige Details zu beachten. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für Menschen, die Dinge wissen wollen.

1. Was wollen Sie genau erfahren?

Klären Sie zuerst für sich, auf welche konkrete Information Sie abzielen. Unkonkrete Fragen können auch unkonkret beantwortet werden. Wollen Sie etwa wissen, welche Förderung ein Verein in Ihrer Heimatgemeinde erhalten hat, recherchieren Sie den exakten Namen des Vereins und seine Nummer im Zentralen Vereinsregister. Grenzen Sie Ihr Informationsbegehren am besten auch zeitlich ein, etwa auf die vergangenen fünf Jahre.

Überlegen Sie, welche Begriffe am besten umfassen, was Sie wissen wollen: Deckt zum Beispiel das Wort "Förderung" alles ab? Ein Auftrag der Gemeinde an den Verein, für den eine Honorarnote bezahlt wurde, fiele darunter etwa nicht. Auch wenn die Gemeinde den Turnsaal der Volksschule unentgeltlich zur Verfügung stellt, wäre das womöglich keine "Förderung".

Stellen Sie unbedingt sicher, dass die von Ihnen angefragte Information nicht schon öffentlich ist. Hat die Gemeinde etwa einen Förderbericht, entsprechende Gemeinderatsprotokolle oder Ähnliches auf Ihrer Website, ist Sie nicht zur Antwort verpflichtet – und Sie haben das Amt unnötig beschäftigt.

2. Wer hat die Information?

Bringen Sie in Erfahrung, wer die gewünschten Informationen hat. Behörden sind bei Auskunftsbegehren nicht dazu verpflichtet, eigene Recherchen anzustellen. Versichern Sie sich also, dass das von Ihnen ins Auge gefasste Amt tatsächlich weiß, was Sie wissen wollen. Gemeinden können Sie etwa über alles befragen, was einen Gemeinderatsbeschluss oder ein Amtsgeschäft des Bürgermeisters betrifft, Ähnliches gilt für Länder und Ministerien. Auf der sicheren Seite sind Sie oft mit einem Blick ins Gesetz: Wenn die Kompetenzen dort klar geregelt sind, kennen Sie meistens auch die richtige Anlaufstelle.

3. Stellen Sie Ihre Anfrage

Sobald Sie wissen, von wem Sie welche Information wollen, können Sie Ihre Anfrage stellen. Theoretisch können Sie auch persönlich oder telefonisch beim jeweiligen Amt anfragen – eine schriftliche Anfrage ist aber sinnvoller, weil das Datum und der genaue Wortlaut Ihrer Anfrage dokumentiert ist. Eine E-Mail ist vom Amt genauso zu beantworten wie ein gedruckter Brief. Wenn Sie sichergehen wollen, dass Ihre Anfrage nicht in einem Spam-Ordner landet, empfiehlt sich ein eingeschriebener Brief. Die angefragte Behörde hat die Möglichkeit, eine Gebühr von 14,30 Euro für Ihre Anfrage einzuheben. In der Praxis passiert das aber selten. Und: Wenn Sie eine positive Gesprächsbasis mit dem Amt aufrechterhalten wollen, kann eine informelle Anfrage ohne Gesetzesverweise zunächst zielführender sein.

Es ist für alle Beteiligten hilfreich, wenn Sie umfangreichere Auskunftsbegehren in mehrere konkrete Fragen aufschlüsseln. Wenn Sie etwa wie oben beschrieben wissen wollen, wie die Gemeinde einen bestimmten Verein unterstützt, fragen Sie getrennt nach Förderungen, Sachleistungen und Verträgen.

Achtung: Sie haben keinen Anspruch auf direkten Zugang zu Dokumenten. Wollen Sie dennoch wissen, was in Verträgen, Gutachten oder Plänen steht, fragen Sie gezielt nach deren Wortlaut, das erhöht Ihre Chancen auf Transparenz. Sind Sie Journalistin oder Blogger, machen Sie darauf in Ihrer Anfrage unbedingt aufmerksam. Sie gelten dadurch als "public watchdog", was Ihre Chancen auf eine befriedigende Antwort aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte deutlich erhöht.

Halten Sie am Ende Ihrer Anfrage fest, dass Sie im Falle einer Nichtauskunft oder teilweisen Nichtauskunft die Ausstellung eines Bescheids beantragen. Das können Sie zwar auch nach der ersten Antwort der Behörde tun, es beschleunigt aber ein möglicherweise langwieriges Verfahren etwas.

Tipp: Auf der vom Forum Informationsfreiheit betriebenen Website fragdenstaat.at können Sie solche Anfragen sehr einfach stellen, indem Sie die gewünschte Behörde suchen – die Seite wählt dann automatisch die richtige Adresse und verweist auf das richtige Auskunftspflichtgesetz (davon gibt es mehrere).

4. Unzufrieden? Legen Sie Bescheidbeschwerde ein

Haben Sie alles erfahren, was Sie wissen wollen? Sehr gut! Häufig passiert es aber, dass sich Behörden auf die Amtsverschwiegenheit oder den Datenschutz berufen und die Auskunft verweigern. Überlegen Sie in diesem Fall, ob Ihnen die gewünschte Information einen möglicherweise beschwerlichen Behördenweg wert ist. Falls Sie bereits einen Bescheid erhalten haben, können Sie ihn bekämpfen – alle Informationen dazu sollten im Bescheid enthalten sein. Haben Sie noch keinen Bescheid, fordern Sie ihn an. Dafür hat die Behörde bis zu sechs Monate Zeit.

Die Eingabe beim Gericht kostet Sie 30 Euro. Es kann sein, dass das Gericht Sie zu einer öffentlichen Verhandlung lädt. Sie können eine solche auch in der Bescheidbeschwerde beantragen. Das kann vorteilhaft sein, wenn Sie juristisch nicht sehr firm sind, der Richter oder die Richterin kann in einer mündlichen Verhandlung gezielt nachfragen und darauf Rücksicht nehmen, dass das für Sie unbekanntes Terrain ist.

Schildern Sie in Ihrer Bescheidbeschwerde in klarer Sprache zunächst den Ablauf Ihrer Anfrage. Erläutern Sie Ihre Motivation für das Auskunftsbegehren und argumentieren Sie, warum die Behörde oder das Amt die Antwort aus Ihrer Sicht zu Unrecht verweigert. Stellen Sie sich auf eine längere Wartezeit ein: Je nachdem wie viel das Gericht zu tun hat, können zwischen Ihrer Beschwerde und einer Entscheidung mehrere Monate vergehen.

5. Der Weg zum Höchstgericht

Entscheidet das Gericht in erster Instanz nicht in Ihrem Sinne, steht Ihnen der Weg zum zuständigen Höchstgericht offen. Ein solches Verfahren ist aber komplex und teuer, sie brauchen laut Gesetz einen Anwalt oder eine Anwältin an Ihrer Seite. Sollten Sie die Ressourcen für diesen Schritt haben, führt Sie Ihr erster Weg also in eine juristische Kanzlei. (Sebastian Fellner, 11.10.2023)