Thomas Maurer, Florian Scheuba und Robert Palfrader (von links) sind
Thomas Maurer, Florian Scheuba und Robert Palfrader (von links) singen den Peripherie-Song, eine Art Bodenversiegelungsblues.
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Nehmen Sie immer genug Bargeld mit. Insbesondere, wenn Sie in Russland Geschäfte machen wollen. Der Tipp stammt von der Wirtschaftskammer Österreich, deren Online-Broschüre "Russland – Los geht’s!" noch weitere praktische Hinweise enthält. Beispielsweise würden "niedrige Gehälter einfacher Beamter" gewisse "Problemsituationen begünstigen". Man dürfe "unorthodoxe Vorgehensweisen" erwarten. Heißa!

Florian Scheuba hat den aus dem März 2023 datierenden Länderreport, bevor dieser offline ging, für seine STANDARD-Kolumne studiert. Als Kabarettist muss man heutzutage vor allem rechtzeitig Screenshots machen, sie in geeigneter Pixelgröße auf die Bühne bringen und dann mit dem Finger darauf zeigen. Der Rabenhof-Saal johlt.

Als Mitglied der "Staatskünstler" hat Scheuba genau das getan. Bei der Premiere des neuen Programms Alte Hunde – Neue Tricks am Dienstag im Wiener Gemeindebau-Theater stand die derart demaskierte österreichische Sanktionspolitik am Beginn des Abends und stimmte auf zwei Stunden voller ähnlicher Schrecknisse ein.

Verwunschene Prinzessin

Doch Politsatire, wie sie die Staatskünstler betreiben, ist mit der Schnelligkeit und dem Auseinanderfallen des öffentlichen Kommunikationsgetriebes ein schwieriges Terrain geworden. Tagesaktuelles wie etwa den nunmehr als "illegal" überführten ORF-Stiftungsrat mag das Trio Thomas Maurer, Robert Palfrader und Florian Scheuba zwar einstreuen, kann darauf aber keine weiteren Paläste errichten.

Es bedarf einer dramaturgischen Grundfeste von gewisser zeitloser Schönheit. Insofern war die mutmaßlich im Kanzlerkörper gefangene verwunschene Prinzessin und ihr Gebisssperren-Hilferuf ein erster performativer Höhepunkt: "Hallo, holt mich hier raus"! Als Plot dienen dem Abend in weiterer Folge die Bemühungen der Staatskünstler, selbst in die Politik zu wechseln, und zwar mit einer Pro-Hunde-Partei, Stichwort "bester Freund des Menschen". Bald hat man die Vierprozenthürde geschafft.

Die entsprechenden Gesprächsrunden – Ersinnen eines Parteiprogramms, Wahlkampfslogans, Wirtshaustisch-Realitycheck, Parteifinanzierung et cetera – laufen mit gebotenem Sarkasmus ab, leiden aber wegen der immer gleichen Stoßrichtung, die das Wiederkäuen abgehangener Skandale ("Systemische Inseratenkorruption und Boulevarddemokratie") mit sich bringt, merklich an nachlassendem Esprit.

"Überkatzung"

Die Partei H.U.N.D. ist eigentlich die Abkürzung für Humanistische Union Neuer Demokraten, hat aber ein Diversitätsproblem. Sie besteht ausschließlich aus alten weißen Männern, deren Reimspektrum überschaubar ist ("Wie der Canis, so der Johannis" oder "Meine Herr’n, mir steht die Rean"). Mit der Idee einer Quotenperson machen sich die Staatskünstler über sich selber lustig. Damit holt man eine junge Generation aber nicht mehr hinter dem Tablet hervor. Auch ist der Witzgehalt zum Thema Transidentität gleich null.

Am besten funktioniert das von Mena Scheuba mitinszenierte Alte Hunde – Neue Tricks-Programm, wenn es sich loslöst von der Realpolitik und ins Fantastische abhebt, etwa die Hunde-Motivwelt ausmalt und weiterführt zu Wortkreationen wie "Überkatzung". (Margarete Affenzeller, 11.10.2023)