Dem umstrittenen Präsidenten der Ärztekammer Wien, Johannes Steinhart, haben tatsächlich mehr als die Hälfte der Mitglieder bei der Vollversammlung das Misstrauen ausgesprochen. Wäre Steinhart ein Minister, wäre er bei einer einfachen Mehrheit für einen Misstrauensantrag im österreichischen Parlament seinen Posten los. Der kämpfende Chef der Ärztekammer ist bei solchen Abstimmungen hingegen deutlich besser geschützt: Hier ist eine Zweidrittelmehrheit für eine Abwahl notwendig.

Keine Ruhe in der Ärztekammer: Präsident Johannes Steinhart.
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Steinhart kann sich auf den Standpunkt zurückziehen, dass der Antrag gegen ihn gescheitert ist. Den Rückhalt in der Kammer hat er aber verloren. Steinhart ist mit seinem Ziel, in der Ärztekammer für Ruhe zu sorgen, vorerst gescheitert. Das Chaos, der Machtkampf, die Pattstellung in der einst bedeutenden Institution werden prolongiert.

Dabei steht das Gesundheitssystem vor großen Herausforderungen. Der Personalmangel in Spitälern ist evident, die nächsten Infektionswellen kommen erst. Statt diese drängenden Themen anzugehen, wird das politische Hickhack fortgesetzt. Das kann nicht im Sinne der Standesvertretung der Ärztinnen und Ärzte sein. Die Rufe nach einem Neustart werden lauter. Aber auch ein Neuwahlantrag, über den am 12. Dezember abgestimmt werden soll, braucht eine Zweidrittelmehrheit. Bleibt es beim Patt, bremst das andauernde Trauerspiel mit Steinhart weiter dringend notwendige Reformen aus. (David Krutzler, 11.10.2023)