KZ-Gedenkstätte Gusen
Die KZ-Gedenkstätte Gusen wurde im Rahmen eines großen Bürgerbeiteiligungsverfahrens neu gestaltet.
APA/BERNHARD MÜHLEDER

Jahrzehntelang war es bewusst gelebte Praxis: Das offizielle Österreich zentrierte das "Nie wieder" an der Gedenkstätte Mauthausen. In den unmittelbar angrenzenden Orten St. Georgen an der Gusen und Langestein sah man stets nur wenig Erinnerungswert. Das Ja zum Schweigen hat Orte geschaffen, die sinnbildlich für den Umgang Österreichs mit den dunkelsten Kapiteln der eigenen Geschichte stehen: verdrängen, vergessen – sprichwörtlich Gras über die Sache wachsen lassen. Die Topografie des Terrors ging unreflektiert in einer ländlichen Idylle auf. Unterbrochen nur von dem Engagement kleiner örtlicher Vereine, die die Erinnerung stets aufrecht hielten.

Der Versuch, Gedenken vor einer gewaltigen Mauer aus Ablehnung, Angst, Skepsis und Desinteresse neu zu denken, ist per se schon ein mutiger Schritt. Dies im Rahmen eines großangelegten Bürgerbeteiligungsverfahrens zu tun geht noch einen Schritt weiter. Man hat das Erinnern auf eine völlig neue Ebene gehoben. Und kein fertiges Konzept über einen historischen Ort gestülpt, keine Gedenkkosmetik betrieben.

Erstmals wurden Sorgen, Ängste, aber auch Ideen aller Beteiligten gehört. Man hat das Gras abgemäht, harte Krusten von alten Wunden gekratzt. Dies mag mitunter schmerzen, aber es ist das Fundament für eine tragfähige Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Neues Leben im Gedenken an die tausenden Opfer der NS-Mordmaschinerie. (Markus Rohrhofer, 12.10.2023)