Person klickt auf dem Smartphone den Bildschirm an
Werden Falschinformationen über Unternehmen verbreitet, werden sie oft schnell von vielen gelesen.
AP/Jenny Kane

Desinformation ist ein Problem, das nur die Politik betrifft? Leider nein. Ein Beispiel: Im Jahr 2017 tauchte im Internet ein Bild eines Lindt-Schoko-Weihnachtsmanns im Supermarkt auf. Auf dem kleinen Zettel mit dem Preis stand als Beschreibung: Jahresendfigur. Das Gerücht, der Weihnachtsmann sei von der Firma umbenannt worden, verbreitete sich in Windeseile. Die Internet-Community reagierte zutiefst erbost.

Es stellte sich aber heraus: Das Foto war fake und die Umbenennung völlig frei erfunden. Das zeigt, wie schnell Unternehmen aufgrund von Falschinformationen ins Kreuzfeuer geraten können. Noch herausfordernder ist es, wenn Projekte per se in der Gesellschaft umstritten sind, wie beispielsweise Windkraftanlagen. Doch warum erhitzen Weihnachtsmänner und Windräder die Gemüter so stark?

Projektmanagement Kongress

Antworten gibt die Autorin und Journalistin Ingrid Brodnig beim diesjährigen pma focus, dem größten Projektmanagement-Kongress Österreichs, der am Donnerstag im Austria Center Wien stattfand. Sie eröffnete den Kongress mit ihrem Vortrag über Fake News und mögliche Reaktionen auf sie.

Zurück zum Weihnachtsmann und zu den Windrädern. Heikle Themen sind unter anderem grüne Technologien, vegane Ernährung, Migration, Integration, Mobilität und eben der "war on Christmas", also die Sorge, dass westliche oder christliche Kultur verschwindet. "Wenn Ihr Unternehmen ein Projekt umsetzt, das diese Themen streift, ist die Chance größer, dass Desinformationen dazu auftauchen", sagt Brodnig.

Wieso Menschen an Falschinformationen glauben

Doch wieso glauben so viele Menschen falsche Informationen? Einerseits weil Fake News teils einen Kern Wahrheit beinhalten, daraus aber die falschen Schlussfolgerungen gezogen werden. Oft wird auf komplexe Probleme eine einfache Antwort gegeben - nur leider ist die Realität meist komplexer. "Was mir ins Konzept passt und was ich öfter höre, glaube ich eher", erklärt Brodnig.

Studien zeigen auch, zitiert sie weiter, dass Google einem mehr Beiträge anzeigt, die die eigene Meinung bestätigen. Falschinformationen sind auch oft sehr emotionalisierend geschrieben. Fakten dagegen sind meist analytischer und rhetorisch dadurch schwächer. Ein Gefühl gibt es, das uns Menschen besonders aktiviert: Wut. Emotionalisierende, wütend machende Nachrichten werden eher geteilt und diskutiert.

Brigitte Schaden und Ingrid Brodnig beim pma focus vor der Bühne.
Beim diesjährigen Projektmanagement-Kongress pma focus lud Brigitte Schaden (links), Präsidentin von Projekt Management Austria, Ingrid Brodnig (rechts) als Vortragende ein.
pma/L. Schedl

Für einen Artikel wertete Brodnig während eines Wahlkampfs aus, welche Personen Kommentare verfassten. Es stellte sich heraus, dass 73 Prozent davon nur von einem Fünftel aller Poster geschrieben wurden. Das bedeutet, dass eine Minderheit die Debatte dominierte. Andere wiederum haben unerfüllbare Erwartungen. Erst wenn kein Vogel mehr an Windrädern verendet (es sind übrigens je Vogelart weit unter 50 Stück im Jahr), ist es moralisch vertretbar, diese zu bauen.

Ein weiterer Aspekt, wieso Menschen auf Falschinformationen hereinfallen, ist, wenn prominente Persönlichkeiten diese verbreiten. Ihnen wird schlicht eher geglaubt. Menschen denken die meiste Zeit eher intuitiv als analytisch. Was bedeutet das? Ingrid Brodnig gibt ein Beispiel: "Stellen Sie sich vor, Sie laufen einen Marathon. Sie überholen den Zweitplatzierten. Welche Platzierung haben Sie nun? Antworten Sie ganz spontan!" Die meisten Menschen sagen, sie seien dadurch Erster. Sie sind aber Zweiter. Intuitiv mag eine falsche Information demnach richtig klingen, faktisch aber nicht korrekt sein.

Strategien dagegen

Wieso ist es nun aber wichtig, als Unternehmen die Gründe für die Verbreitung von Fake News zu kennen? Aus diesem Wissen kann man Strategien ableiten, wie man dem Problem am besten begegnet. Ist die falsche Information tatsächlich viral gegangen und wird von sehr vielen Leuten gelesen und geteilt, sollte man sehr schnell reagieren. Am besten man bereitet schon im Vorhinein Unterlagen vor, die man im Ernstfall verwenden kann. Dabei Bilder zu benutzen hilft auch, die eigene Position zu verdeutlichen.

Ein weiterer Tipp ist, auf Social Media einzustellen, was den Nutzerinnen und Nutzern zuerst angezeigt werden soll, damit die Richtigstellung an oberster Stelle auftaucht. Das Falsche sollte auch möglichst nicht wiederholt werden, indem man nur ein "nicht" davorsetzt. "Wenn jemand von einer falschen Nachricht überzeugt und im Moment sehr emotional ist, hilft es nicht, ihn mit Fakten zu konfrontieren", sagt Brodnig.

Viel effektiver ist es, der Person mit empathischer Wertschätzung zu begegnen und zu zeigen, dass Sie ihr zuhören. Denn Emotionen beruhen immer auf Werten. "Identifizieren Sie diese und stellen Sie die Werte in den Vordergrund anstatt der drögen Fakten", sagt Brodnig. "Denn in Wirklichkeit sind wir alle stark werte- und emotionsbezogen." (Natascha Ickert, 13.10.2023)