Kurz, wirklich nur ganz kurz gab es einen kleinen Hoffnungsschimmer. Für einige Stunden sah es tatsächlich so aus, als würden die Hardliner bei den US-Republikanern im Streit um den Posten des Speakers im Repräsentantenhaus nachgeben. Als würde Steve Scalise die Nachfolge des abgesetzten Kevin McCarthy antreten – und nicht sein parteiinterner Rivale Jim Jordan. Wobei sich der Fortschritt hier auf äußerst bescheidenem Niveau abgespielt hätte: Statt eines rechtsextremen Trump-Jüngers hätte ein Erzkonservativer die republikanische Mehrheit in der Parlamentskammer übernommen. Doch nicht einmal das lassen die Ultrarechten zu. Stattdessen haben sie Scalise zum Verzicht auf seine Kandidatur bewogen.

Matt Gaetz, führende Figur der ultrarechten Republikaner, ist gerade sehr umtriebig
Matt Gaetz, führende Figur der ultrarechten Republikaner, ist gerade sehr umtriebig.
AP/Mark Schiefelbein

Solange es keinen neuen Speaker gibt, ist der US-Kongress praktisch handlungsunfähig. Der Übergangshaushalt läuft Mitte November aus, eigentlich sollte jetzt über ein neues US-Budget verhandelt werden. Dabei spielt auch die für die Ukraine überlebenswichtige Unterstützung durch die Vereinigten Staaten eine zentrale Rolle. Doch die Hardliner rund um Ex-Präsident Donald Trump interpretieren die Milliardenspritzen für das von Russland angegriffene Land im Sinne von "America first" als großen Dorn im Fleisch der US-Steuerzahler und wettern dagegen bei jeder Möglichkeit.

Video: US-Repräsentantenhaus nach Rückzug von Scalise-Kandidatur weiter gelähmt.
AFP

Trumps Lob für die Hisbollah

Nun bittet aber auch der enge Verbündete Israel nach den grausamen Überfällen der Hamas um Unterstützung der USA, um seine Gegenschläge durchzuführen. Daran können nicht einmal die rechten Hardliner um den Abgeordneten Matt Gaetz etwas aussetzen, auch wenn Trump die mit der Hamas verbündete Hisbollah in einem seiner regelmäßigen verbalen Aussetzer als "sehr schlau" bezeichnete.

Doch selbst die dramatischen Ereignisse im Nahen Osten können die Ultrarechten nicht dazu bewegen, auch nur einen Zentimeter nachzugeben. Sie wollen jede Gelegenheit nutzen, um ihre Macht zu vergrößern und das von ihnen verhasste politische System zu zerstören – ohne Rücksicht selbst auf Ereignisse, die die Welt verändern können. Das ist atemberaubend erschreckend. Und je näher die US-Präsidentschaftswahl rückt, desto schlimmer wird das Chaos wohl werden. (Kim Son Hoang, 13.10.2023)