Gastbeitrag von Nick van Dam

Frau kommt aus PC hervor und ruft. 
Viele technische Neuerungen drängen gerade in die Arbeitswelt. Welche Kompetenzen brauchen Personalverantwortliche, um mit diesen Neuerungen umgehen zu können.
Getty, master1305

Die Geschäftswelt erlebt einen höchst kritischen Moment, in dem wir mit vielen Herausforderungen und Chancen gleichzeitig konfrontiert sind: blitzartige digitale und technologische Entwicklungen in der Robotik und Künstlichen Intelligenz, stagnierende Wirtschaft, hohe Inflation und Zinserhöhungen, Klima- und Energiewende, Forderung nach einer beschleunigten Innovation, wechselnde Erwartungen der Arbeitnehmenden, fünf (erstmals) gleichzeitig am Arbeitsplatz zusammentreffende Generationen, Streben nach Wohlbefinden, Knappheit und Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Rasante Entwicklungen greifen ineinander über und es besteht reichlich Bedarf an Innovation und intelligenteren Organisationen. Dabei spielen die Personalverantwortlichen eine sehr wichtige Rolle.

Zehn Veränderungen am Arbeitsmarkt

Klar ist deshalb: Es wird sich einiges verändern. Aber was? Eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 2023 zeigt zehn aktuelle und zukünftige Organisationstrends auf:

1. Hybride Arbeit als neue Normalität: Vier von fünf Arbeitnehmenden hoffen, auch weiter hybrid zu arbeiten.

2. Umfassender Einsatz von KI: Die Technologie erleichtert Routinearbeit und datengesteuerten Aufgaben, verändert die Arbeitsweise aller Beteiligten und erhöht die Produktivität.

3. Talentbindung weiterhin eine große Herausforderung: 39 Prozent der befragten Berufstätigen planen einen Arbeitsplatzwechsel.

4. Stärkung der Diversitäts- und Inklusionspolitik: Nur 47 Prozent der Unternehmen sind mit ihrer Diversitäts- und Inklusionsmaßnahmen zufrieden.

5. Psychische Gesundheit und Wohlbefinden: Wer mit psychischer Gesundheit und psychischem Wohlbefinden zu kämpfen hat, verlässt ein Unternehmen viermal wahrscheinlicher.

6. Menschlichere Führungskräfte: Nur 25 Prozent der befragten Unternehmen verfügen nach eigener Aussage über Führungskräfte, die ihre Mitarbeitenden inspirieren, motivieren und an sich binden.

7. Die richtigen Personen in den richtigen Positionen: Talente müssen an der richtigen Stelle eingesetzt werden, doch ist das heute nur noch zu 20-30 Prozent der Fall.

8. Schließen der Wissens- und Kompetenzlücke: 95 Prozent der Unternehmen berichten über unzureichende Kenntnisse oder Fähigkeiten zur erfolgreichen Umsetzung ihrer Geschäftsstrategie.

9. Mehr Effizienz: Laut 40 Prozent der Arbeitnehmenden sorgen unklare Rollen und komplexe Strukturen in der Organisation für einen enormen Effizienzmangel.

10. Tempo und Resilienz: Die Beschleunigung von Innovationen, manchmal sogar in exponentiellem Ausmaß, erfordert mehr Resilienz.

Blick in die Geschichte des Personalbereichs

Bei all diesen Trends spielen Personalverantwortlichen eine sehr wichtige Rolle. Erfolgreiche Personalerinnen und Personaler haben einen positiven Einfluss auf das Geschäft, doch leider sehen das noch nicht alle so. Human Resources (HR) sind eine relativ junge Berufssparte. In den 1980er- und 1990er-Jahren entwickelte sich die Personalverwaltung zu Human Resources mit einem stärkeren Schwerpunkt auf strategischem Personalmanagement und der Abstimmung der Personalpraxis auf die Unternehmensziele.

Bis vor 30 Jahren konnte so gut wie jede und jeder in der Personalabteilung arbeiten, denn es ging dort hauptsächlich um Verwaltungsaufgaben, die Optimierung von Geschäftsprozessen, die Bereitstellung der notwendigen Berufsbildungen und die Unterstützung von Führungskräften.

Heute basieren HR nicht mehr auf Annahmen, sondern auf Daten, prädiktiver Analytik und künstlicher Intelligenz. Neue Technologien, wie HR-Informationssysteme, haben ebenfalls den Übergang zu einem mehr datengesteuerten Beruf bewirkt.

Weiterentwicklung der HR

Zugleich reift der Bereich durch evidenzbasierte Praktiken, die auf wissenschaftlichen Studien und Beweisen beruhen. So werden Entscheidungen im Personalmanagement auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger und quantitativer Daten und nicht aufgrund von Intuition oder persönlichen Vorlieben getroffen. Die Umsetzung evidenzbasierter HR-Praktiken erfordert jedoch ein gewisses Maß an Kompetenz und Wissen. Unternehmen müssen in der Lage sein, wissenschaftliche Studien zu interpretieren und auf ihre Situation zu übertragen. Außerdem müssen ausreichend Daten gesammelt und analysiert werden, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Die genannten aktuellen Trends sorgen dafür, dass durchschnittliche Personalverantwortliche extrem ausgelastet sind – so wie viele andere auch – und es ihnen möglicherweise schwerfällt, sich selbst weiterzuentwickeln. Das wird zum Risiko für sie als Einzelpersonen und für das gesamte Unternehmen. Daher müssen HR-Leitende ihre eigene Entwicklung und Entfaltung genauso im Auge behalten wie die der Mitarbeitenden, um auftretende Chancen zu nutzen und Werte zu schaffen.

Welche Kompetenzen Personaler haben sollten

Personalverantwortliche müssen vielfältige Fähigkeiten mitbringen, um erfolgreich zu sein. Vor allem sollten sie sich auf folgende sechs Kompetenzen konzentrieren:

Vorantreiben von Innovation und Wandel: In einem sich rasch wandelnden Arbeitsumfeld ist es entscheidend, dass HR-Fachleute innovative Lösungen entwickeln und den Wandel vorantreiben können.

Strategisches Denken: Als strategischer Partner des Unternehmens müssen Personalverantwortliche in der Lage sein, die Verbindung zwischen HR-Initiativen und Unternehmenszielen herzustellen.

Erkennung und Anwendung von evidenzbasierten HR-Praktiken: Sie müssen über neueste einschlägige Trends und Entwicklungen auf dem Laufenden bleiben und das Wissen in der täglichen Praxis anwenden.

Nutzung von Daten, KI und Technologien zur Unterstützung der HR-Tätigkeit: Nutzung von Daten, KI und Technologien zur Unterstützung der Personalverantwortlichen zugunsten fundierter Entscheidungen und effizienter Arbeitsweisen.

Kritisches Denken und Problemlösung: HR-Fachleute stehen oft vor komplexen Problemen, für deren Lösung kritisches Denken unerlässlich ist.

Kenntnis und Anwendung bewährter Praktiken in HR: Durch den Einsatz von Best Practices können Personalverantwortliche sicherstellen, dass bewährte Erfolgsrezepte Anwendung finden.

HR sind ein unverzichtbarer Gewinn für jedes Unternehmen, und genau deshalb ist es so wichtig, sie zu optimieren. Eine Gemeinsamkeit erfolgreicher Unternehmen ist es, dass sie talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anziehen, entwickeln und halten. Gibt man den richtigen Personen die richtigen Aufgaben, dann tragen sie zum Unternehmenswachstum bei. Letztendlich basiert der Erfolg eines Unternehmens auf dem Personal. HR spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Feedback-Kultur fördern

Ein Unternehmen sollte die Mitarbeitenden regelmäßig um Feedback zur Unternehmenskultur und zur HR-Politik bitten. Diese Informationen können dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und Engagement und Motivation des Personals zu steigern. Wer das Gefühl hat, auf offene Ohren zu stoßen, ist eher bereit, einen positiven Beitrag zum Unternehmen zu leisten und sich zu engagieren. Das kann zu mehr Produktivität, weniger Fehlzeiten und einer besseren Personalbindung führen. Darüber hinaus lassen sich anhand des Feedbacks mögliche Schwachstellen ermitteln und mit entsprechenden Maßnahmen beheben.

Das Feedback sollte möglichst regelmäßig eingeholt werden, um neue Probleme rechtzeitig erkennen und angehen zu können. So zeigt sich das Unternehmen offen für Vorschläge und bereit, Anpassungen im Sinne des Personals vorzunehmen. Es liefert wertvolle Erkenntnisse, um eine positive Unternehmenskultur schaffen und die Personalpolitik verbessern zu können. (Nick van Dam, 25.10.2023)