Reinhold Messner mit schwarzem Sakko und weißem Hemd.
Reinhold Messner bei einer Veranstaltung in Berlin 2021.
APA/dpa/Gerald Matzka

Wien - Reinhold Messner bleibt nun doch auch offiziell jener Rekordmann, der als erster Mensch auf den Gipfeln aller 14 Achttausender jeweils ohne Flaschensauerstoff stand. Bergchronist Eberhard Jurgalski und sein Team hätten im "Streit" um die Gipfelbesteigung der Annapurna eingelenkt, berichtete das Magazin "Der Spiegel". Messner legte indes im APA-Gespräch mächtig los: "Eine Peinlichkeit sondergleichen, für das Guinness-Buch der Rekorde, aber auch für die Journaille."

Knackpunkt: "65 Meter vor und fünf Meter unter dem Gipfel"

In der kuriosen Causa, die im vergangenen September viel Staub aufgewirbelt hatte, musste die Südtiroler Bergsteiger-Ikone den Verlust zweier Titel im Guinness-Buch der Rekorde "hinnehmen", weil er 1985 – vereinfacht gesagt – doch nicht ganz oben auf dem Gipfel der 8.091 Meter hohen Annapurna gestanden haben soll. "Messner war an einem Punkt 65 Meter vor und fünf Meter unter dem Gipfel", sagte Jurgalski.

Gemäß dieser neuen Berechnungen sprachen die Organisatoren des Guinness-Buches in der neuen Ausgabe daher dem US-Amerikaner Ed Viesturs (64) den Achttausender-Rekordtitel zu. Dieser hatte 2005 mit der Annapurna seinen letzten fehlenden Achttausender geschafft. Viesturs selbst hatte in der Causa zuletzt allerdings klar Position bezogen: "Ich bin der festen Überzeugung, dass Reinhold Messner der erste Mensch war, der alle 14 Achttausender bestiegen hat, und dass dies auch heute noch anerkannt werden sollte."

Toleranzzone von 190 Metern

Nunmehr kam es aber offenbar ohnehin zur "Wende": "Der Spiegel" zitierte Jurgalski, dass er und sein Team eine schon länger angedachte Toleranzzone von 190 Metern für Besteigungen an der Annapurna sowie dem Dhaulagiri und dem Manaslu bis zum Jahr 2017 festgelegt haben. Dass Messner zwar auf dem Gipfelgrat, aber 65 Meter vor und fünf Meter unter dem eigentlichen Gipfel gestanden haben soll, fällt demnach genau in diese Toleranzzone.

In einer "historischen Anerkennungstabelle", die Jurgalski auf der Webseite 8000ers.com veröffentlichte, wurde Messner deshalb weiterhin "und für alle Zeiten" - so zitiert "Der Spiegel" Jurgalski - als erster Alpinist auf allen 14 Achttausendern geführt. Auch auf der Guinness-Website sollen nun die Rekorde überarbeitet werden. Viesturs rangiert in dieser "Legacy Table" auf Rang elf.

Auch Gerlinde Kaltenbrunner gilt demnach wieder als erste Frau, die ohne zusätzlichen Sauerstoff auf allen Achttausendern stand.

Jurgalski hatte "nie die Absicht, die Geschichte neu zu schreiben"

Messner sei sich damals sicher gewesen, auf dem Gipfel zu stehen, zitierte das Magazin Jurgalski weiter. Die höchste Stelle auf dem Gipfelgrat der Annapurna habe man damals noch nicht exakt bestimmten können. Und Jurgalski rechtfertigte sich, es sei alles gut gemeint gewesen und es habe "niemals die Absicht bestanden, die Geschichte neu zu schreiben oder gar historische Aufstiege zu stornieren."

Im Grunde gibt es nun zwei Rekordlisten. Einerseits die "historische Abschlusstabelle" mit der Toleranzzone, laut Jurgalski eine Reminiszenz an frühere Bergsteigergenerationen. Andererseits die "New 14-8K-Collectors Era Tabelle" ohne Toleranzzone. Diese sei laut "Spiegel" für die modernen Gipfelsammler vorgesehen, die Alpinismus wie einen Leistungssport betreiben.

Messner: "Beim Bergsteigen geht es nicht um Rekorde"

Messner ging unterdessen zum verbalen Angriff über. Es sei ein Armutszeugnis auch für den Journalismus, dass dieser offenbar nicht in der Lage sei, zu recherchieren bzw. zu gewichten und stattdessen "irgendwelchen dahergelaufenen Wichtigtuern", gemeint war Jurgalski, "auf den Leim geht." Es sei "unglaublich", dass man sich mit einem derartigen "Blödsinn" überhaupt beschäftigen müsse.

Jemand, der "noch nicht einmal auf einem 3.000er gestanden ist", wolle plötzlich beurteilen, was vor 40 Jahren auf dem Gipfel eines 8.000 Meter hohen Berges passiert sei oder nicht. Es sei völlig unerheblich, ob er fünf oder 65 Meter vom Gipfel entfernt gewesen sei. Fakt ist, dass er sich auf dem "langen, flachen Gipfeldach" befunden - und somit diesen 8.000er auch bestiegen habe.

Aber dies sei ohnehin alles nicht so wichtig, betonte Messner. "Ich habe noch nie in meinen Leben einen Rekord aufgestellt", machte die Bergsteiger-Ikone deutlich. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: "Bergsteigen ist kein Sport, bei dem es um Rekorde und Bestzeiten geht. Bergsteigen ist eine kulturelle Erscheinung. Ich kann keinen Rekord verlieren oder gewinnen, da ich nie einen für mich beansprucht habe."

Was "dieser Bergchronist, dessen Namen ich gar nicht in den Mund nehmen will", mache, sei "aus meinem berühmten Namen Kapital schlagen", übte der 79-Jährige scharfe Kritik. Das sei alles, was er dazu zu sagen habe. Er werde sich ab nun nie mehr dazu äußern. (APA, red, 14.10.2023)