Kaum eine Einrichtung der Republik war und ist so viel Kritik ausgesetzt: Die Covid-19-Finanzierungsagentur, kurz Cofag, wurde vom Rechnungshof zerpflückt, von der Opposition sowieso, und auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) dürfte einige Mängel sehen. Zu intransparent, zu wenig treffsicher und zu langsam sei die Abwicklung der Finanzhilfen erfolgt, heißt es immer wieder.

Nun könnte Unternehmen aufgrund der verzögerten Auszahlung fast eine halbe Milliarde Euro durch die Lappen gehen.

Interne Unterlagen des Finanzministeriums, die dem STANDARD vorliegen, zeigen, dass für 2024 noch 450 Millionen Euro an "Cofag-Zuschüssen" budgetiert sind. Die Abwicklung der letzten Corona-Hilfen könnte jedoch durch einen VfGH-Entscheid verhindert werden.

Die Höchstrichterinnen und -richter am Verfassungsgerichtshof brüten gerade über dem Abbag-Gesetz, das die Corona-Hilfen regelt.
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So prüft das Höchstgericht derzeit mehrere Aspekte der Cofag-Zahlungen. Es habe etwa Bedenken, dass die Auszahlungen "gegen das Sachlichkeitsgebot und das verfassungsrechtliche Effizienzgebot verstoßen" könnten, hieß es zuletzt im Juni anlässlich einer mündlichen Verhandlung zur Sache.

Kein Rechtsanspruch

Weitere Probleme sieht der VfGH darin, dass die Cofag nicht den Weisungen des Finanzministers unterlag und dass der mangelnde Rechtsanspruch auf Finanzhilfen "gegen das Recht auf Eigentum, das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz" verstoßen könnte.

In der Politik wird damit gerechnet, dass der VfGH zumindest Teile der Cofag-Gesetzgebung kippt – und das entweder nächste oder spätestens übernächste Woche. Je nach Ausmaß der Entscheidung, also etwa je nach Frist für die Gesetzesreparatur, könnte das dazu führen, dass die vorgesehenen Auszahlungen für 2024 nicht mehr über die Bühne gebracht werden können.

So wurden die Anträge ja bei der Cofag eingebracht, eine Übertragung auf etwaige andere Auszahlungsstellen wäre rechtlich kompliziert; womöglich müssten Anträge dann auch gemäß dem reparierten Gesetz neu eingebracht werden.

Aus dem Finanzministerium heißt es dazu, dass die Abbaugesellschaft des Bundes (Abbag) derzeit ein Konzept erarbeite, wie die Cofag abgewickelt werden könne. In das finale Konzept würde das Erkenntnis des VfGH einfließen, sodass die Cofag "rechtssicher abgewickelt werden" könne. "Noch offene Fälle werden selbstverständlich ordnungsgemäß erledigt", verspricht das Ministerium.

Details durchgesickert

Den Betrag von 450 Millionen Euro, der 2024 noch für Cofag-Zahlungen vorgesehen ist, will man nicht kommentieren. Offiziell wird das Budget von Finanzminister Magnus Brunner am Mittwoch präsentiert werden. Die Geheimhaltung hielt jedoch nicht, Medien berichteten bereits am Wochenende über erste Details. Das Defizit soll bei 2,7 Prozent des BIP liegen – deutlich schlechter als noch im Frühling erwartet, aber immerhin innerhalb der von der EU vorgegebenen Drei-Prozent-Grenze.

Offiziell wird Finanzminister Magnus Brunner das Budget am Mittwoch präsentieren. Details wurde aber bereits vorab bekannt.
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Im vergangenen Jahr betrug das Defizit 3,5 Prozent des BIP, in absoluten Zahlen sind das 15,8 Milliarden Euro. Für heuer wurden nach Brüssel 3,2 Prozent Abgang gemeldet.

Ob diese Prognose hält, ist derzeit noch unklar. Für 2024 ging das Finanzministerium im April von 1,6 Prozent aus, womit man klar innerhalb der von der EU geforderten Drei-Prozent-Maastricht-Grenze geblieben wäre.

Schattenseiten der Abschaffung

Schon länger klar war, dass die Abschaffung der "kalten Progression" auch ihre Schattenseiten hat, nämlich dass dem Finanzminister budgetärer Spielraum verlorengeht. Im Finanzressort verweist man darauf, dass die Österreicherinnen und Österreicher kommendes Jahr um 3,6 Milliarden Euro entlastet würden. Dieses Geld vermisst man nun im Budget. (Fabian Schmid, 15.10.2023)