Am Black Friday wurden während der Pandemie im Jahr 2020 schwarze Gesichtsmasken auf kahlen Köpfen zur Schau gestellt.
Lockdowns und Maskenpflicht hielten Kunden und Kundinnen während der Pandemie für viele Wochen von Einkäufen und Dienstleistungen ab. Entsprechend groß waren die Verluste der Unternehmen
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Zwei Monate ist es her, dass Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) die Einigung mit der EU-Kommission über die Reparatur der von Österreich allzu leichtfertig vergebenen Covid-19-Hilfen verkündete. Ihr ausständiges Geld haben die meisten der betroffenen Unternehmen aber noch immer nicht. Denn die dazugehörige nationale Verordnung liegt noch nicht vor. Die Koalition sei uneins über die Ausgestaltung der Reparaturverordnung, hört man aus der Regierung.

Das könnte unter anderem daran liegen, dass niemand die schlechten Nachrichten überbringen will. Ebensolche sind in dem 16-seitigen Papier zur Schadenskompensation nämlich enthalten. Insgesamt geht es um Hilfszahlungen im Volumen von 750 Millionen Euro, die von der EU-Wettbewerbskommission aus unterschiedlichen Gründen als zu großzügig und damit wettbewerbsverzerrend eingestuft wurden. Um sie Binnenmarkt-konform umzugestalten sind Kürzungen und Rückzahlungen bereits zuerkannter Förderungen ebenso vorgesehen wie Neuanträge oder Umwidmungen auf andere Hilfsinstrumente. Letzteres deshalb, weil Unternehmen möglicherweise andere Hilfen in Anspruch genommen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass ihnen die gewählten Förderungen gar nicht zuerkannt werden durften.

Fünf Prozent vom Gewinn

Im Zuge der Sanierung ist nun ein sogenannter Haircut von fünf Prozent vorgesehen. Das bedeutet nach Auskunft des Finanzministeriums allerdings nicht, dass Hilfen, die nach Auslaufen des befristeten EU-Beihilfenrahmens zur Dämpfung von pandemiebedingten Verlusten am 30. Juni 2022 gewährt wurden, automatisch um fünf Prozent gekürzt werden. "Vielmehr wird bei der Schadenskalkulation angenommen, dass fünf Prozent des Schadens aus einem gesamtwirtschaftlichen Nachfragerückgang entstanden sind."

Das bedeute konkret, dass auf den Gewinn des Vergleichszeitraumes 2019 ein Abschlag von fünf Prozent vorgenommen wird. Wurde also im Jahr 2019 ein Profit von 100 Euro gemacht und der Verlust im Jahr 2022 betrug 50 Euro, dann dient als Bemessungsgrundlage für die Förderung der um fünf Prozent verminderte Jahresgewinn 2019. Diese fünf Prozent des Gewinnes werden vom Covid-bedingten Verlust abgezogen. Der Antragsteller konnte somit nur für 45 Euro Verlustersatz beanspruchen statt für 50 Euro (die Ersatzrate betrug 70 Prozent). Wobei der Schaden in der Höhe des seinerzeit beantragten Verlustersatzes begrenzt ist. Das wiederum heißt: Ein Unternehmen, das in Summe fünf Millionen Euro an Verlustersatz beantragt hat und jetzt im Wege der Sanierung in den Schadensausgleich wechselt, bekommt auch nur fünf Millionen ausgezahlt – selbst wenn der Schaden nach der neuen Berechnung 5,5 Millionen Euro ausmachen würde. Weil der Auszahlungsbetrag mit dem Antragsmaximum begrenzt ist, wird seitens des Finanzministeriums betont. Auf diesen Abschlägen habe die EU-Kommission bestanden. Bei den 750 Millionen Euro handle es sich um ein Maximalbudget, das Österreich bei der Sanierung, also dem Schadensausgleich, nicht überschreiten darf.

Nur der tatsächliche Schaden

Ein wichtiges Element ist zudem die pandemiebedingte Betroffenheit für die Berücksichtigung des Schadens. Nur wenn ein Unternehmen von restriktiven Maßnahmen wie Lockdown, Reisebeschränkungen usw. direkt betroffen war, kann für diesen Zeitraum ein ersatzfähiger Schaden ermittelt werden.

Verpflichtet hat sich die Republik gemäß "Damage Compensation Scheme" vom 10. August 2023 auch dazu, dass die Schäden nachgewiesen werden. Illegal war auch, dass Anträge auf Covid-19-Hilfszahlungen, wie etwa Verlustersatz III, bis 30. September 2022 akzeptiert wurden, also drei Monate länger als erlaubt.

Haircut bis zu 20 Prozent

Es könnte gemäß Schadensausgleich auch schlimmer kommen. In Fällen, in denen die Staatshilfen pro Monat vier Millionen Euro überstiegen oder die Förderobergrenzen nicht eingehalten wurden, ist laut dem Schadenskompensationsschema ein Haircut von 20 Prozent "angemessen". Theoretisch, relativiert man im Finanzministerium. Denn diese 20 Prozent stellten "keine Bestrafung" für Unternehmen dar, die ihren Schaden nicht nachweisen können. Vielmehr sei dies ein Vorbehalt, nach dem zusätzliche Abschläge für gewisse Branchen angewandt werden könnten. Diesbezüglich seien bisher aber keine Branchen identifiziert worden, die einem solch höheren Abschlag entsprechen würden, heißt es.

Klar ist damit: Die Aufarbeitung der Causa wird aufwendig, tausende Fälle sind zu prüfen. Es muss auf Case-by-case-Basis ermittelt werden, ob eine Überkompensation vorliegt. Das betrifft insbesondere Unternehmen, die über einen Eigentümer verbunden sind. Für sie gilt die Konzernbetrachtung, sie werden als ein Unternehmen betrachtet und zu viel bezahlte Förderungen von der Republik wohl zurückgefordert werden müssen. Ende der neuerlichen Antragsfrist ist 31. Dezember 2024.(Luise Ungerboeck, 14.10.2023)