Wien – ORF-Generaldirektor Roland Weißmann appelliert an die Journalistinnen und Journalisten des ORF, im Zuge des Nahostkonflikts ein besonderes Maß an Vorsicht und Korrektheit bei der Berichterstattung an den Tag zu legen. In einer internen Mail an die ORF-Redaktionen, die dem STANDARD vorliegt, schreibt Weißmann, dass der ORF "einmal mehr" in diesen Zeiten eine "besondere Verantwortung" übernehme.

Das spiegle sich auch in der Berichterstattung wider: "Mit verlässlicher wie objektiver Information sind wir in diesen Zeiten für alle Menschen in Österreich da. Mit unseren Korrespondentinnen und Korrespondenten sind wir vor Ort und sorgen für Expertise und Einordnung in einer Zeit, wo selbsternannte Nahost-Expertinnen und -Experten schlagartig 'Virologinnen' und 'Russland-Experten' abzulösen beginnen."

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
APA/EVA MANHART

Weißmann schickte seine Mitteilung an die ORF-Redaktionen Ende vergangener Woche, ohne konkret auf die Aufregung um eine Ausgabe der "ZiB Zack Mini" einzugehen. Der Beitrag in der Nachrichtensendung, die sich an Kinder richtet, hatte für heftige Kritik gesorgt – DER STANDARD berichtete. Dem ORF wurde etwa Verharmlosung und Relativierung des Hamas-Terrors vorgeworfen. Der öffentlich-rechtliche Sender entfernte daraufhin den Beitrag von seinen Online-Verbreitungskanälen.

"Hochemotionalisierte Meinungsäußerungen"

Der ORF habe in den vergangenen Tagen mit seiner Sonderberichterstattung – ohne Social Media – "knapp vier Millionen Menschen" erreicht. "Wir setzen uns jedoch nicht nur mit den Reichweiten auseinander, speziell die Qualität des Diskurses ist diesmal eine andere, wie eine erste Analyse unseres Kundendienstes zeigt", schreibt Weißmann. "Neben vielen positiven Rückmeldungen und persönlichen Kommentaren zur Situation verstärkt sich wenig überraschend die 'symmetrische und paradoxe' Kritik an der Berichterstattung: Wir sind auch bei diesem Thema mit hochemotionalisierten, polarisierten Meinungsäußerungen in der Öffentlichkeit und auf unseren eigenen Feedback-Kanälen wie Social Media oder Kundendienst konfrontiert."

Umso wichtiger sei es, "journalistisch sorgfältig zu recherchieren und richtig zu kontextualisieren". Weißmann: "Das machen die ORF-Journalistinnen und -Journalisten jeden Tag, rund um die Uhr. Dafür sind wir da. Und sollte uns dies einmal nicht gelingen, müssen wir uns kritisch damit auseinandersetzen und transparent damit umgehen. Dies entscheidet maßgeblich über das in uns gesetzte Vertrauen." Im Falle der "ZiB Zack Mini" hatte die Redaktion ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass der Eindruck von Relativierung entstanden sein könnte.

Der ORF wirbt derzeit mit einer Imagekampagne um das Vertrauen des Publikums. Die Botschaft lautet: "ORF für dich und mich und alle." Ab 1. Jänner 2024 wird der ORF statt über die GIS-Gebühren über eine Haushaltsabgabe finanziert. (omark, 16.10.2023)