Es hätte eine furiose Festrede werden können, die Philosoph Slavoj Žižek vor höchsten Vertretern des deutschen Geisteslebens hielt – als Repräsentant des slowenischen Gastlandes auf der Frankfurter Buchmesse. "Uneingeschränkt" verurteile er den mörderischen Hamas-Terror. Doch herrsche nach seiner, Žižeks, Meinung ein "Analyseverbot". Die Sache der Palästinenser bleibe unbesprochen. Schlimmer noch: Die Geschichte des Staates Israel stecke voller Schandtaten gegenüber Palästinas Arabern, offener wie versteckter.

Seine Rede sorgte für viel Ärger: der slowenische Philosoph Slavoj Žižek.
APA/dpa/Arne Dedert

So übte sich Žižek, ganz wider seine Absicht, in der zweifelhaften Kunst der Gleichsetzung. Jedes Pochen auf Gerechtigkeit kann von der einen schrecklichen Erkenntnis nicht absehen: Bei den Massakern vom 7. Oktober im Süden Israels war das "absolut Böse" am Werk. Es sind die Besonnenen wie Meron Mendel (Bildungsstätte Anne Frank), die jetzt auf die Kenntnisnahme der kausalen Abfolge bestehen – der Wirrheit Žižeks zum Trotz: Das wahllose Töten jüdischer Zivilisten müsse ohne Wenn und Aber als Barbarei geächtet werden, es dürfe keine noch so versteckte Zustimmung finden. Erst im nächsten Schritt kann es die Aufgabe aller sein, die unschuldig betroffenen Palästinenser zu hören und ihnen zu helfen.

Oder, wie Autor Doron Rabinovici sagte: "Es gibt ein Leid des palästinensischen Volkes." Dessen Sache hat Slavoj Žižek derweil einen Bärendienst erwiesen. (Ronald Pohl, 18.10.2023)