Inmitten der tragischen Ereignisse der vergangenen Woche hat eine Nachricht nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdient. Der Sieg der liberalen Opposition in Polen ist eine wunderbare Nachricht nicht nur für alle im Land, die das Abdriften in Richtung Autokratie befürchtet haben, und nicht nur für die EU, deren Grundprinzipien von der PiS-Regierung ständig attackiert wurden, sondern für alle Demokratinnen und Demokraten in der Welt.

Seine Partei wird in Polen nicht mehr regieren: PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński.
EPA/RADEK PIETRUSZKA

Noch vor einigen Monaten waren die meisten Beobachter überzeugt, dass die PiS die Wahlen erneut gewinnen wird. Das lag nicht nur an den Umfragen, die sie voran zeigten, sondern auch an einer wachsenden Überzeugung, dass Demokratien schutzlos den Methoden autoritärer Rechtspopulisten ausgeliefert sind. Diese würden, wenn sie einmal regieren, die Kontrolle über die Medien und die Justiz übernehmen und mit repressiven Gesetzen der Opposition den Spielraum nehmen, bis keine fairen Wahlen mehr möglich sind – Deutschland 1933 in abgeschwächter Form.

Umstrittene Ziele

Tatsächlich gibt es auch heute in der Welt zahlreiche Fälle, in denen demokratische Wahlen in Diktaturen münden. Aber in Ländern mit einer starken Zivilgesellschaft ist dies nicht unausweichlich. Ja, der polnische Wahlkampf war nicht fair, die staatlichen Medien völlig parteiisch, die Opposition stark benachteiligt. Aber all das hat der PiS und der kleineren Rechtspartei Konfederacja wenig genutzt. Vergessen wir nicht, einst haben die kommunistischen Parteien in Osteuropa die Medien noch viel stärker beherrscht, ohne dass ihre Propaganda die Menschen überzeugen konnte.

Im Vergleich zu Viktor Orbán in Ungarn ist PiS-Chef Jarosław Kaczyński weniger pragmatisch und verfolgt umstrittene ideologische Ziele, etwa das Abtreibungsverbot. Aber auch Orbáns Fidesz hätte im Vorjahr mit einem besseren Oppositionswahlkampf besiegt werden können; selbst die Wiederwahl des türkischen Präsidenten Tayyip Erdoğan, der noch autoritärer agiert, war keine sichere Bank. Und auch Donald Trump sitzt nicht mehr im Weißen Haus.

Entscheidend sind eine halbwegs geschlossene Opposition, aktive Medien, die sich gegen Einschüchterung wehren, und eine Fülle von zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, die sich nicht unterordnen. Engagement, nicht Resignation muss deren Antwort auf die Machtspiele der Rechtspopulisten sein. Das kann auch für Österreich wieder relevant werden. (Eric Frey, 20.10.2023)