Der Vorwurf kommt von allen Seiten. Seit seiner Budgetrede am Mittwoch wird Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) vorgehalten, unverantwortlich viel Geld ausgeben zu wollen. Der unternehmernahe Thinktank Agenda Austria nennt Österreich einen "Schulden-Junkie", weil das Land nur Defizite erwirtschafte. Sogar die SPÖ, selbst keine Partei der Budgetdisziplin, sagt, Brunner hänge den Menschen einen "Schuldenrucksack" um, weil der Finanzminister im kommenden Jahr fast 21 Milliarden Euro an neuen Schulden macht.

Muss seit seiner Budgetrede viel Kritik einstecken: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).
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Fragt sich bloß: Haben die Kritiker recht? Die Antwort darauf ist nicht eindeutig. Die Debatte über Staatsschulden ist in Österreich seit Jahren von einem tiefsitzenden ökonomischen Missverständnis geprägt, das die ÖVP selbst mitgeschaffen hat und das lautet: Schulden sind prinzipiell schlecht.

Richtige Ausgaben

Das ist falsch. Wenn Regierungen Geld ausgeben, für neue Windräder oder neue Schulen, verpuffen diese Mittel nicht: Sie landen bei Unternehmen, die diese Windräder und Schulen errichten, und bei deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von dem Lohn leben. Das schafft Wohlstand. Überhaupt gehört das Bild des Schuldenrucksacks, der jemandem umgehängt wird, ergänzt: Noch fataler, als der nächsten Generation Schulden zu übergeben, ist es nämlich, ihr kaputte Infrastruktur oder kaputte Ökosysteme zu hinterlassen.

Wichtig ist dennoch, zu hinterfragen, ob das Geld richtig ausgegeben wird, also ob der Anteil an Investitionen, die langfristig Wohlstand bringen, hoch genug ist. Und hier muss sich die Regierung unangenehme Fragen gefallen lassen. Ein Viertel der Staatsausgaben fließt in Pensionen, dazu kommt eine höhere Belastung fürs Budget durch Zinsen. Dann gibt es zwei Milliarden Euro an Energiehilfen für mittelständische Unternehmen, deren Sinn keiner erklären kann: Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, wir haben keine Pleitewelle, wozu? Ja, es gibt Geld für Klimaschutz, aber das Bildungsbudget stagniert.

Nun ließen sich Mehrausgaben als Geschenke in einem Wahljahr abtun, aber da ist ja mehr. So werden Steuern gesenkt, die kalte Progression ist abgeschafft, Sozialleistungen werden automatisch mit der Inflation erhöht. Das wirkt langfristig. Bei starkem Wirtschaftswachstum wäre all das kein Problem, aber dieses sieht derzeit niemand. Somit könnte die nächste Regierung vor der Wahl stehen: sparen oder höhere Steuern. Beides ist machbar, hat aber einen Preis. (András Szigetvari, 21.10.2023)