Sturmingers "Jedermann" (im Bild Michael Maertens in der Titelrolle) war in einer apokalyptischen Endzeit angesiedelt.
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Als die Hitzewelle im vergangenen Sommer auf ihrem Höhepunkt war, kam die Diskussion auf, ob man den Jedermann nicht nur bei Regen, sondern auch bei zu großer Hitze ins Festspielhaus verlegen sollte. Die Debatte passte wie die Faust aufs Auge zu Regisseur Michael Sturmingers neuer Inszenierung des "geistlichen Spiels": Sein Jedermann (Michael Maertens) ist in einer apokalyptischen Endzeit angesiedelt, und Klimaaktivisten besprühen seine noble Villa.

Das wollte nicht jedem einleuchten, einige Medien sahen in Sturmingers drittem Jedermann-Versuch gar einen Tiefpunkt in der Inszenierungsgeschichte. Wer in den letzten Jahrzehnten den mühsamen Weg von Hofmannsthals Stück in die Gegenwart verfolgt hatte, konnte über diese Einschätzung nur den Kopf schütteln. Es mutet denn wie ein Kniefall vor Kritikern und Mammon an, wenn die Festspiele Regie und Besetzung plötzlich entgegen früheren Beteuerungen austauschen.

Als hätte man nicht größere Baustellen als einen zu Diskussionen anregenden, von Maertens mit feiner Ironie gespielten Jedermann: Nach dem Abgang von Langzeitpräsidentin Helga Rabl-Stadler herrscht ein Führungsvakuum, die Teuerung setzt den Festspielen ordentlich zu, hinter vorgehaltener Hand spricht man über die Reduktion einzelner Programmpunkte. Überstürzte und zudem peinlich schlecht kommunizierte Aktionen wie die jetzige sollte man sich da sparen. (Stephan Hilpold, 23.10.2023)