Martin Polaschek
Der Terror der Hamas und seine Folgen sind auch Thema in Schulen. Die sieht Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) für diese Herausforderung gut aufgestellt.
APA/dpa/Philipp von Ditfurth

Keine "gröberen Probleme" gebe es an den Schulen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt, sagte jüngst Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Die Schulen sieht der Minister "gut gerüstet", gleichwohl will sein Ressort verstärkt Materialien, Workshops und Weiterbildungen für Lehrerinnen und Lehrer anbieten. Damit diese sich sicherer fühlen im Umgang mit Schülerinnen und Schülern, für die "Gaza" und "Israel" Synonyme dafür sind, wer wessen Freund und wer wessen Feind ist.

Immerhin, Polaschek bemüht sich, abseits vom üblichen "blame game" den Dialog zu fördern. Es gibt auch solche im Bildungsbereich, die meinen, es sei das Beste, die Schüler "abzulenken". Viel Erfolg damit. Doch der Minister irrt, wenn er meint, es sei im Grunde ohnehin nicht so schlimm an Österreichs Schulen. Immer wieder und immer öfter hört man von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, die von ihren Freundinnen und Freunden auf Social Media verlangen, diese mögen sich zum palästinensischen Volk und zur Hamas "bekennen" – oder sie werden "entfreundet".

Das Beispiel soll niemanden anprangern, es soll nicht behaupten, dass Antisemitismus in Österreich ausschließlich "importiert" wäre. In unserem schönen Land sind Nazis und Rechtsextremisten fürwahr keine aussterbende Gattung, einschlägiges Gedankengut pflanzt sich von Generation zu Generation fort. Dagegen muss mit aller Konsequenz des Rechtsstaates vorgegangen werden.

Bedenkliches Phänomen

Politik und Gesellschaft müssen aber auch auf ein weiteres bedenkliches Phänomen blicken: In Österreich leben Menschen, die, obwohl sie vom Anschein her gut integriert sind und die Erfordernisse einer westlichen Leistungsgesellschaft erfüllen, innerlich offenbar dennoch nicht "angekommen" sind. Die sich ihre sehr einseitigen, mitunter radikalen Überzeugungen aus Internetblasen picken.

Die individuellen Gründe dafür mögen unterschiedlich sein. Gemeinsam ist vielen ein Gefühl der Bitterkeit, nie wirklich angenommen zu werden – egal wie sehr man sich anstrengt, wie viel man arbeitet, wie gut man sich bildet und wie stark man sich anpasst. Integrationsinitiativen enden zumeist dort, wo es eingewanderte Familien scheinbar "geschafft" haben: wenn sie eine Wohnung und Arbeit haben, die Kinder in die Schule gehen. Dass man sich auch interessieren muss für die neuen Mitmenschen und sie nicht nur freundlich-ignorant koexistieren lässt – das war vielen zu wenig bewusst, in Österreich und vielen anderen Ländern.

Derweilen schwappen politische Konflikte, islamistischer Terror, religiöser Fanatismus und antidemokratischer Rechtsnationalismus via Internet ins Land. Jeder Wahnsinn, der irgendwo auf der Welt gesagt, getan oder gedacht wird, hat auch hierzulande das Potenzial, Land und Gesellschaft zu erschüttern und zu spalten. Wir sollten über Ressourcen sprechen, ein Bildungssystem, das von Grund auf neu gedacht wird, und klare Kante zeigen bei der Vermittlung demokratischer, rechtsstaatlicher und menschenrechtskonformer Werte.

Doch statt all dies auf möglichst breiter Basis zu überlegen, drischt man verbal aufeinander ein. Rechts bezichtigt links einmal mehr des jahrzehntelangen blauäugigen Multikulti-Gutmenschentums; links wirft rechts vor, sicherheitspolitisch versagt zu haben. Man verharrt in einfältiger Schuldzuweisung. Wollen wir denn keinen Schritt weiter? (Petra Stuiber, 24.10.2023)