Lucas Braathen wünscht sich eine bessere Vermarktung seines Sports.
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Der Skiweltverband Fis musste sich etwas überlegen. Neben dem Parallelrennen drohte auch die alpine Kombination aus dem Olympiaprogramm zu fliegen – und damit zwei weitere Medaillensätze für den Skirennsport. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) konnte mit dem Versprechen, am Format zu feilen, überzeugt werden, die Disziplin für die Spiele 2026 in Mailand/Cortina beizubehalten. Statt der Einzelkombination, die unter Aktiven immer unbeliebter wurde, sollte eine Team-Kombination her. Aber noch vor der ersten Austragung im Weltcup wurde sie aus dem Kalender gestrichen.

Fis-Präsident Johan Eliasch stellt hohe Ansprüche. Er will den alpinen Skisport zu einer globalen, attraktiven Sportart wachsen lassen. Speziell bei Rennformaten klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Der Versuch, mit Parallelrennen abzuheben, ist gescheitert. In diesem Winter sind 90 Rennen geplant, in den vier Disziplinen, die es seit den 1980er-Jahren gibt. Der Weltcup will sich nicht recht verändern. Wieso fällt es dem Sport so schwer, innovativ zu sein?

"Wäre gern gefahren"

Die Idee der Team-Kombination hat etwas für sich. In den vergangenen Jahren spezialisierten sich Skiprofis zunehmend auf einzelne Disziplinen, nur richtige Ausnahmeerscheinungen fahren sowohl in der Abfahrt als auch im Slalom um Siege mit. Die Lösung: Die Spezialistinnen und Spezialisten bilden Teams, gute Abfahrer starten mit guten Slalomläufern. "Ich wäre diesen Event gern gefahren", sagt der deutsche Speedläufer Andreas Sander dem STANDARD. "Aber man hat im Herbst noch immer über Regeln diskutiert. Das darf nicht sein."

Das Reglement sah vor, dass die Athletinnen und Athleten bei einem Sieg in der Team-Kombi auch Punkte für ihre Spezialwertung gutgeschrieben bekommen hätten. Technikerinnen hätten bei einem Sieg 50 Zähler für den Slalom-Weltcup bekommen. Doch was macht Petra Vlhova, die auf keine slowakische Teamkollegin in der Abfahrt zählen kann? Sie schreibt nicht an, verliert Boden auf die Konkurrenz. So wäre es auch dem griechischen Slalomläufer AJ Ginnis ergangen.

Bei den Frauen war eine Team-Kombination in Crans Montana geplant, bei den Männern gar ein Rennen im legendären Kitzbühel. Doch 130 Athletinnen und Athleten wollten dieses neue Format einer internen Umfrage zufolge nicht im Weltcup sehen. Daraufhin sahen die Organisatoren in Kitzbühel von einer Austragung ab. Auch Sander sprach sich gegen den Vorschlag aus. "Ich wusste nicht, dass es dazu führen kann, dass das Event gar nicht stattfindet." Die Punktevergabe hätte überdacht werden müssen, gefahren wäre Sander jedoch gerne. "Es sollen nicht immer alles die Athleten entscheiden. Dafür gibt es doch Profis."

Österreichs Techniker Manuel Feller findet, die Skiprofis hätten sich "selbst ins Knie geschossen". Er hat den Protest nicht unterzeichnet. "Es ist verständlich, dass Kitz das Rennen absagt, wenn die Hälfte nicht am Start stehen wird. Das hat weniger mit dem Skisport zu tun, sondern mehr mit Leuten, die keine zwei Schritte vorausdenken."

Parallelrennen ade

Der Weltverband Fis kämpft um Aufmerksamkeit, um die Zukunft. Zunächst wurden Parallelrennen forciert. Österreichs Skiverband (ÖSV) wollte Vorreiter sein, glaubte an das Potenzial von Parallelrennen und schnitzte um 2,7 Millionen Euro in Lech/Zürs einen passenden Hang zurecht, setzte Flutlichtmasten hinein. Zweimal, im November der Jahre 2020 und 2021, fanden dort Weltcupbewerbe statt. Im Vorjahr wurden sie wegen Schneemangels abgesagt. Die Rennen waren unter Athletinnen und Athleten verhasst, die Verletzungsgefahr hoch, sportlich hatten sie keinen Stellenwert. Im olympischen Programm scheinen Parallelrennen nicht mehr auf, auch nicht im Kalender des kommenden Winters. Immerhin bei Weltmeisterschaften sollen sie stattfinden.

Drohnenaufnahmen sind inzwischen fixer Bestandteil von TV-Übertragungen.
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"Ich gebe zu, die Fis hat es nicht leicht", sagt der Norweger Lucas Braathen dem STANDARD. "Einen Sport zu entwickeln, der so reich an Tradition ist, kann richtig schwierig sein. Aber da spreche ich nur über neue Disziplinen." Dem Slalom-Kugelgewinner aus der Vorsaison schwebt vor, den Sport auf andere Wege bekannter zu machen. Braathen produziert mit Unterstützung seiner Skifirma eine Serie auf Youtube, die Einblicke hinter die Kulissen geben soll. Er wünscht sich mehr davon.

Im vergangenen Winter kamen Aufnahmen von Drohnenkameras gut an. Die Fis implementierte auch zusätzliche Grafiken mit Live-Daten ähnlich dem großen Vorbild der Formel 1. Braathen wünscht sich eine größere TV-Produktion, die die Persönlichkeiten aus dem Weltcup glänzen lässt: "Wir zeigen in der Übertragung nur die Wettkämpfe. Das ist traurig, denn es steckt so viel mehr dahinter."

Der ORF überträgt auch in diesem Winter alle Rennen live, beginnend am Samstag ab 9.20 Uhr aus Sölden. Er nimmt sich 40 Minuten Zeit für Vorberichte, um vielleicht zu zeigen, was dahinter steckt. (Lukas Zahrer, 26.10.2023)