Zwei Fallschirmspringer des Jagdkommandos sind aus einem Hubschrauber gesprungen und mitten auf dem Heldenplatz gelandet.
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Auf den ersten Blick wirkte an diesem Nationalfeiertag alles wie immer: Zunächst sonniges, später bewölktes Herbstwetter lockte schon am Vormittag tausende Besucherinnen und Besucher in die Wiener Innenstadt. Sie informierten sich auf dem Wiener Heldenplatz über die Aufgaben und Ausbildungsmöglichkeiten des Bundesheeres, die Gardemusik gab einige Einlagen zum Besten, Jung und Alt erfreuten sich am schweren Bundesheergerät.

Feierlichkeiten am Nationalfeiertag in einem Bericht der ZIB1
ORF

Rund um den Heldenplatz bildeten sich vor den Machtzentren der Republik lange Schlagen. Menschen wollten die Räumlichkeiten des Bundespräsidenten und Kanzlers hautnah erleben, den aus dem Fernsehen bekannten Plenarsaal des frisch renovierten Parlaments besichtigen oder einen Blick in so manches Ministerium werfen. Und natürlich den einen oder anderen Händedruck beziehungsweise das eine oder andere Selfie mit politischer Prominenz ergattern.

Tausende Besucherinnen und Besucher strömten am Nationalfeiertag auf den Wiener Heldenplatz.
Helena Lea Manhartsberger

Krisen und Kriege im Fokus der Ansprachen

Auf den zweiten Blick war an diesem Nationalfeiertag, der mit der traditionellen Kranzniederlegung bei der Krypta auf dem Heldenplatz begonnen hatte, nicht alles wie immer – das machten die politischen Ansprachen anlässlich der Angelobung von 1.000 Rekrutinnen und Rekruten, darunter 20 Frauen, deutlich.

1.000 Rekrutinnen und Rekruten, darunter 20 Frauen, wurden am Nationalfeiertag auf dem Heldenplatz angelobt.
Helena Lea Manhartsberger

Denn dieser Nationalfeiertag ging im Schatten einer erhöhten Terrorwarnstufe über die Bühne. Aktuelle Krisenherde wie der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Angriffe der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel haben auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Österreich.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach in diesem Zusammenhang davon, dass Österreichs Neutralität gefordert sei "wie schon lange nicht". Zwar bekenne sich Österreich vollumfassend zur militärischen Neutralität, dennoch sei es "gerade in diesen Zeiten" notwendig, Meinung und Haltung zu zeigen, "gerade auch für neutrale Staaten". Diese Botschaft richtete der Regierungschef wohl auch in Richtung FPÖ, die tags zuvor bei einer Sondersitzung im Parlament der schwarz-grünen Regierung vorgeworfen hatte, dass die Unterstützung der Ukraine Österreichs Neutralität zerstören würde.

Saskia Veenenbos (ORF) berichtet vom Heldenplatz.
ORF

Diese Krisenherde hätten außerdem aufgezeigt, "wie wichtig es ist, als Staat zur Verteidigung vorbereitet zu sein", sagte Alexander Van der Bellen, Bundespräsident und Oberbefehlshaber des Bundesheeres. Um als Staat resilient zu sein, sei ein leistungsfähiges Bundesheer "unverzichtbarer Teil", sagte Van der Bellen und lobte die Aufstockung der Mittel für das Heer. Für den Frieden im Land könne man jedenfalls nicht genug dankbar sein, wird das Staatsoberhaupt heute Abend auch in seiner TV-Ansprache zum Nationalfeiertag sagen.

Und auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) betonte, dass angesichts der aktuellen Sicherheitslage eine "starke Armee für unsere Heimat" notwendig sei.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) rückten die aktuellen Krisen und Kriege in den Fokus ihrer politischen Ansprachen.
Helena Lea Manhartsberger

Panzerfahrzeuge als beliebtes Fotomotiv

Wie leistungsfähig das Bundesheer ist, wurde ab Mittag auf dem Heldenplatz im Rahmen der mittlerweile 28. Leistungsschau demonstriert. Dass unlängst eine Hercules-Maschine wegen eines technischen Defekts nicht abheben konnte, es kürzlich zu einem tödlichen Unfall mit einem Leopard-Panzer kam und es auch noch nicht lange her ist, dass ein Heereshubschrauber in Flammen aufging, rückte angesichts des Großaufgebots an schwerem Gerät in den Hintergrund.

Besonders beliebtes Fotomotiv waren dort die Panzerfahrzeuge und ein Modell des Eurofighters in Originalgröße. Erstmals präsentiert wurde auch der neue Hubschrauber Leonardo AW169. Bis zum Jahr 2028 sollen 36 solche Hubschrauber um 870 Millionen Euro angekauft werden – es ist nur eine von zahlreichen Investitionen in den kommenden Jahren.

Die aufgestellten Panzer waren ein besonders beliebtes Fotomotiv für Jung und Alt.
Helena Lea Manhartsberger
Bestaunt werden konnte auch ein Modell des Eurofighters in Originalgröße.
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Erstmals präsentiert wurde auch der neue Hubschrauber Leonardo AW169.
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Ihr Können zeigten zwei Fallschirmspringer des Jagdkommandos, der Eliteeinheit des Heeres, die aus einem Hubschrauber gesprungen und mitten auf dem Heldenplatz gelandet waren. Zuvor überflogen zwei Eurofighter die Bundeshauptstadt. Die Soldaten präsentierten sich aber nicht nur in luftigen Höhen, sondern auch unter Wasser.

Soldaten des Heeres präsentierten sich nicht nur in luftigen Höhen, sondern auch unter Wasser.

Regen Zulauf verzeichneten außerdem die zahlreichen Mitmachstationen. Ein Flugsimulator bot Besucherinnen und Besuchern auch heuer wieder die Möglichkeit, die Luftfahrzeuge des Heeres zu testen. Ein junger Mann, der kommendes Jahr zum Wehrdienst einrücken wird, träumt davon, Militärpilot zu werden, wie er dem STANDARD erzählt.

Meet an Greet mit Spitzen der Republik

Nur ein paar Schritte entfernt ließ es sich Van der Bellen nicht nehmen, gemeinsam mit seiner Gattin Doris Schmidauer die Türen der Hofburg auf dem Ballhausplatz persönlich zu öffnen – wegen des enormen Interesses früher als sonst. Mehrere Hundert Interessierte warteten dort bereits am Vormittag auf Einlass, sie wurden vom Staatsoberhaupt und der First Lady zu Blasmusikklängen der Justizwachemusik begrüßt. Noch bevor diese in die Amts- und Repräsentationsräumlichkeiten gebeten wurden, wurden zahlreiche Hände geschüttelt, Smalltalk geführt und Autogramm- sowie Selfie-Wünsche erfüllt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen erfüllte im Maria-Theresien-Zimmer zahlreiche Selfie-Wünsche.
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Am Nachmittag empfing Van der Bellen die Hofburg-Besucher schließlich im Maria-Theresien-Zimmer, wo sonst Regierungen angelobt und Staatsbesuche empfangen werden. "Es ist eine große Freude, dass am Nationalfeiertag so viele kommen, um gemeinsam einen zentralen Ort unserer Demokratie zu erkunden", schreibt Van der Bellen auf X (vormals Twitter).

Vis-à-vis öffnete zu Mittag schließlich auch der Arbeitssitz des Bundeskanzlers. Gemeinsam mit den Kanzleramtsministerinnen Karoline Edtstadler und Susanne Raab sowie Staatssekretärin Claudia Plakolm (alle ÖVP) stand dieser den Besucherinnen und Besuchern ebenfalls für ein Meet and Greet zu Verfügung – zumindest zeitweise.

Smalltalk und Selfies im Parlament

Eine lange Menschenschlage bildete sich auch vor dem sanierten Parlament.
Helena Lea Manhartsberger

Eine lange Menschenschlage bildete sich unweit des Heldenplatzes auch vor dem Parlament. Nach fünfjähriger Sanierung konnte das zu Jahresbeginn eröffnete historische Gebäude erstmals an einem Nationalfeiertag besucht und besichtigt werden. Diese Gelegenheit ließen zahlreiche Besucherinnen und Besucher nicht verstreichen. Sämtliche Gruppenführungen durch das Gebäude waren schon im Vorfeld restlos ausgebucht.

Eine Besucherin aus Kärnten, die sich rechtzeitig für den rund einstündigen Rundgang angemeldet hatte und in der Schlage auf Einlass wartete, zeigte sich beeindruckt vom Parlament, noch bevor sie dieses Betreten hatte. "Besonders freue ich mich auf den Plenarsaal, wo die Sitzungen des Nationalrats stattfinden", sagte sie im Gespräch mit dem STANDARD. Später wird sie nicht nur diesen, sondern auch den Sitzungssaal des Bundesrats sowie Ausschusslokale zu sehen bekommen. Endstation einer jeden Führung war die Säulenhalle, wo zahlreiche Abgeordnete aller Parteien und wechselweise die drei Nationalratspräsidenten anzutreffen waren.

Nächste Chance im nächsten Jahr

Heldenplatz, Hofburg, Kanzleramt und Parlament waren an diesem Nationalfeiertag nicht die einzigen Schauplätze, wo den Besucherinnen und Besuchern ein buntes Programm geboten und Tätigkeitsbereiche präsentiert wurden. Am Minoritenplatz fand etwa die Leistungsschau der Polizei statt. Auf dem Rathausplatz wiederum ging das Sicherheitsfest der Stadt Wien über die Bühne, wo Einsatz- und Hilfsorganisationen Einblick in ihren Arbeitsalltag gaben. Auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) auf der Freyung öffnete die Pforten, um Einblick in seine Arbeit zu geben.

Zu viel Programm für einen Tag. Wer in diesem Jahr den einen oder anderen Programmpunkt aus Zeitgründen nicht mehr unterbekommen hat: Auch im kommenden Jahr werden die politischen Machtzentren der Republik wieder Tür und Tor öffnen. (Sandra Schieder, 26.10.2023)