Ältere Frau arbeitet im Supermarkt
Die Politik will Ältere länger im Job halten – doch bei Unternehmen sind sie oft nicht willkommen.
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Zu teuer. Zu langsam, zu wenig digital, zu kaputt. Die Liste der Altersstereotype im Arbeitsleben ist lang. Das führt zu einer Erwerbsquote der 55- bis 64-Jährigen von nur 56 Prozent. Weiterbildung wird dann oft mit Mitte 40 eingespart. Firmen bedienen sich gerne am freundlichen Angebot der Altersteilzeit, und ab 50 noch einmal einen Job zu finden ist sowieso hart, wie aktuell auch eine Studie des Arbeitsmarktservice belegt. Dabei werden die Forderungen, bis 67 zu arbeiten, angesichts des enorm wachsenden Budgetpostens Pensionen mehr und lauter. Woran liegt es?

An Arbeitgebern, die es mit Altersdiversität nur im Werbeprospekt ernst nehmen und viel zu wenige alternsgerechte Arbeitsmodelle anbieten, Vordienstzeiten nicht anrechnen wollen? An Möchtegern-Pensionisten spätestens ab Ende 40, die im Vollkaskomodus nur darauf warten, endlich keinen Job mehr machen zu müssen? An Älteren, die glauben, sie müssten ihr Einkommensniveau ewig weiter steigern? Sind es die großen Umbrüche, bei denen niemand mitkommt, außer es findet umfangreiche Begleitung und Aufschulung statt? Oder sorgen gar die jungen Chefinnen und Chefs dafür, dass die Älteren endlich Platz machen?

Die sogenannte demografische Kurve (weniger Nachwuchs) als Schuldige zu nennen greift zu kurz, befördert sogar die Stereotype. In unterschiedlicher Ausprägung ist es eine unselige Mischung aus vielen Faktoren, die das Zusammenarbeiten der Generationen in die Bredouille gebracht hat.

Der dreiteilige Lebenslauf

Aber das Thema sitzt viel tiefer. Wir haben als Gesellschaft offensichtlich ein Problem mit dem Altern. Die selbstverständliche Devise scheint zu lauten: Bloß keine Falten! Der anhaltende Boom der (invasiven) Schönheitsindustrie belegt das eindrucksvoll. Und vor allem Frauen finden spätestens ab Mitte 40 ungefragt unendlich viele Ratschläge, was sie nicht mehr anziehen und sicher nicht mehr tun sollen. Kurz darauf in der Lebenskurve verschwinden Menschen auch weitgehend aus der öffentlichen Bildsprache und tauchen erst als Alte wieder auf. Als liebe Oma und nützlicher Opa, als Pflegebedürftige, pensioniert auf der Parkbank als diejenigen, die das Pensionssystem zum Kippen bringen. Hinter all dem steckt noch immer die Idee vom guten alten dreiteiligen Lebenslauf: Ausbildung, Job, Rente. Dahinter geht so viel verloren, stehen Tragödien und Schicksale. Nicht mehr gebraucht zu werden, nutzlos zu sein, abtreten zu müssen, keinen anderen Platz mehr zu haben als jenen des Umlagenempfängers mit Seniorenrabatt.

Wenn die Arbeitswelt aus vielen guten Gründen auch altersdiverser werden soll, dann reicht nicht dort und da eine kleine Förderung oder ein steuerlicher Malus für Firmen, die diskriminieren oder nichts anbieten. Dann muss die handelnde Politik gegen die Unsichtbarkeit, gegen die stereotypen Zuschreibungen ankämpfen und mittels Änderung der Bildsprache in jeder Aussendung, jedem Auftritt vorangehen. Das gilt auch für Firmen und ihre Interessenverbände. (Karin Bauer, 30.10.2023)