Das Zwei-Grad-Ziel war eine geniale Erfindung der Klimaforschung: Die Einsicht, dass es politisch ziemlich nutzlos ist, bloß auszurechnen, wie viele Emissionen in der Zukunft zu erwarten sind und welche Erwärmung sich daraus ergibt, hat Klimaforschende dazu bewogen, den Spieß umzudrehen: Seit den 1990ern heben sie hervor, was vermieden werden soll, um daraus dann abzuleiten, was das für die verbleibenden Emissionen bedeutet.

Illustration Erde Nachhaltigkeit
Die notwendige Dekarbonisierung scheint zu langsam voranzuschreiben, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen.
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Leider hat das Zwei-Grad-Ziel nicht den politischen Niederschlag gefunden, den sich seine Architekten gewünscht haben: Zahlreiche Entscheidungsträger unterstützen es zwar und haben sich 2015 in Paris sogar auf das 1,5-Grad-Ziel verständigt. Allein die notwendigen Handlungen bleiben aus.

Kollektives Scheitern

Da wir immer wahrscheinlicher darauf zusteuern, das 1,5-Grad-Ziel und womöglich auch das Zwei-Grad-Ziel zu verfehlen, ist es höchste Zeit, dass sich Forschung und Öffentlichkeit mit neuen Herausforderungen beschäftigen: den notwendigen Anpassungen an Klimafolgen.

Die Entwicklung solcher Strategien ist unangenehm, weil sie beim Eingeständnis unseres kollektiven Scheiterns ansetzt. Sie darf auch nicht zulasten des Klimaschutzes gehen. Doch angesichts der fortschreitenden Klimaerwärmung wird sie von Jahr zu Jahr dringender. Die Ideen, wie ein lebenswertes Leben in einer immer heißeren Welt aussehen könnte, sind noch zu rar gesät. (Tanja Traxler, 30.10.2023)