Kaiserpinguine
Weltweit gibt es 18 verschiedene Pinguinarten, von denen vier auf dem antarktischen Kontinent vorkommen. Neben Zügel-, Adelie- und Eselspinguinen sind das auch die hier im Bild zu sehenden Kaiserpinguine. Allen von ihnen setzt das Abschmelzen des Packeises zu, das besonders für die Jungtiere lebensbedrohlich sein kann.
IMAGO/Danita Delimont

"Man stelle sich ein Land vor, so groß wie Australien und Europa zusammen. Sonniger als Kalifornien und kälter als das Gefrierfach eines Kühlschranks. Trockener als Arabien und höher als die Schweiz. Leerer als die Sahara." Es gebe nur einen Ort auf der Welt, auf den diese Beschreibung zutreffe – die Antarktis. Mit diesen Worten beschreibt der Autor Joseph Dukert im Buch "This Is Antarctica" den ihm so fremden, aber wunderschönen untersten Teil der Erde.

Video: Der Thwaites Gletscher in der Antarktis droht zu kollabieren. Der Meeresspiegel könnte dann um mehrere Meter ansteigen. Das trifft uns auch in Europa.
DER STANDARD

Antarktika – umgangssprachlich Antarktis genannt – bezeichnet den südlichsten Kontinent des Planeten. Es herrschen raue Bedingungen in der immens weitläufigen Region, die von kaum 1100 Menschen besiedelt wird. Diesen steht kolossal viel Platz zur Verfügung: Auf einer Fläche von mehr als 13 Millionen Quadratkilometern erstreckt sich das beinahe gänzlich unter einem Eisschild liegende Festland. Mit dieser Ausdehnung ist die vom Südpolarmeer umgebene Landmasse um knapp drei Millionen Quadratkilometer größer als Europa.

Wer auch immer durch die menschenleeren Gefilde streift, ist dennoch keineswegs allein. Der Kontinent, der bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die letzte unerforschte Region der Welt darstellte, ist der Lebensraum der Kaiserpinguine und Eselspinguine. Auch die Zügelpinguine und Adeliepinguine sind hier beheimatet. Auf den vorgelagerten Inseln in der subantarktischen Region bis hin zu den Küsten Südamerikas tummeln sich darüber hinaus Arten wie die Humboldt- und die Königspinguine und auch die Nördlichen Felsenpinguine.

Kerzenöl und Klimawandel

Die in diesen Breiten lebenden flugunfähigen Vögel sind an ein Leben unter extremen Bedingungen angepasst. Eine zwei bis drei Zentimeter dicke Fettschicht, Daunen und wie Dachziegel angeordnete Federn schützen sie gegen Wind und Wetter. So gut die Tiere an das Dasein in der Kälte angepasst sind, drohte und droht ihnen immer wieder Ungemach – speziell durch die Handlungen des Menschen.

In der Vergangenheit waren es Wilderei, Überfischung und das Absammeln der Gelege, das den Beständen zusetzte. Auch wurden sie wegen ihres Fetts gejagt, das zur Herstellung von Kerzenöl genutzt wurde. Besonders die Populationen des Nördlichen Felsenpinguins litten unter nicht regulierten Fischfangquoten und Meeresverschmutzung, weshalb die Art von der Weltnaturschutzorganisation IUCN als "gefährdet" eingestuft wurde.

Zügelpinguine
Zwei Zügelpinguine auf dem Weg durch ihr eisiges Reich. Für das Leben in der Kälte am Südpol sind die robusten Tiere bestens gerüstet.
imago images/Nature in Stock

Seit der Südpol Ende der 1960er-Jahre zum größten Naturschutzgebiet der Erde transformiert wurde, erholten sich die Bestände leicht. Heute sind es nicht mehr die Jagd auf Fisch, Eier und Fett, die den watschelnden Zeitgenossen zusetzen, wie Folko Balfanz weiß. Der Zoologische Abteilungsleiter im Tiergarten Schönbrunn, der dort auch für die Pinguine verantwortlich ist, sieht in den vergangenen fünf Jahren bedenkliche Entwicklungen.

"Der Klimawandel und seine Auswirkungen nehmen so dramatisch zu, dass es nicht mehr fünf vor zwölf, sondern eigentlich schon zwölf ist", erklärt der studierte Veterinärmediziner. Gehe die Erderwärmung ungebremst weiter, befürchtet er massive Bestandseinbrüche. "90 Prozent der Pinguine könnten dann bis 2100 verschwinden."

Ein Eselspinguin bahnt sich seinen Weg durch den Schnee. Unter allen Pinguinarten gelten Eselspinguine als die schnellsten Schwimmer: Sie sausen mit einem Tempo von knapp 30 km/h durchs Wasser.
imago images/blickwinkel

Kein Futter, kein Brutplatz

Denn die globale Erwärmung stellt Pinguine gleich mehrfach vor Probleme. Mit dem sich wandelnden Klima verändern sich Meeresströmungen und dadurch auch Futterströme und Jagdgebiete der Tiere. Für die eigene Verpflegung und die Versorgung der Jungen sind Pinguine jedoch auf Fische und Krebstiere angewiesen, deren Verbreitungsgebiete sich mit den sich ändernden Meeresströmungen verschieben. So ist es den an sich geschickten Schwimmern nicht immer möglich, ergiebige Jagdgründe zu erreichen. Für viele Exemplare und die zu versorgenden Küken bedeutet das unweigerlich den Tod. Kommen ihnen die Beutetiere abhanden, verhungern oder erfrieren die ansonsten so robusten Wasservögel.

Als wäre das nicht alarmierend genug, schmilzt den Pinguinen das Packeis unter den Füßen weg. Speziell in der Brutzeit sorgt dieser Umstand für tragische Szenen. Da die Jungtiere in der Anfangszeit ihres Lebens mit dem warmen Daunenfederkleid noch nicht schwimmen können, ertrinken sie, wenn das Eis zu früh schwindet. Im Vorjahr stellten Forschende zuvor nicht gekannte Verluste fest. Ein Wissenschafterteam nahm die Küste der Bellingshausensee unter die Lupe und kam zu dem Ergebnis, dass vier von fünf Kaiserpinguin-Kolonien kein einziges Jungtier durchgebracht hatten.

Auch Balfanz kennt die Erhebung und erklärt das Dilemma der Pinguine: "Da sie auf Packeis angewiesen sind, versuchen sie zwar, neue Brutgründe zu erschließen, aber auch diese können schmelzen." Kürzlich teilte die US-Weltraumbehörde mit, dass das Meereis in der Antarktis heuer so stark zurückging wie seit Beginn der Messungen nicht.

Adeliepinguin
Auch der Adeliepinguin ist auf dem südlichsten Kontinent der Welt anzutreffen. Der gänzlich schwarze Kopf und der verhältnismäßig kurze Schnabel machen diese Art unverwechselbar.
imago/blickwinkel

Die letzten Refugien

Die rapide Veränderung ihres Habitats durch Adaptionsstrategien auszugleichen ist für Pinguine vielfach ein Ding der Unmöglichkeit. "Für eine Anpassung ändert sich das Ökosystem einfach zu schnell", resümiert Balfanz. In Zeiten, in denen der Erdball kaputtgehe und die Lebensräume der Pinguine zerstört würden, brauche es Auffangstationen und Zoos für die Arterhaltung.

Nördlicher Felsenpinguin
Im Tiergarten Schönbrunn schlüpfen immer wieder Felsenpinguinküken.
APA/DANIEL ZUPANC

Der Tiergarten Schönbrunn etwa ist für das europäische Erhaltungszuchtprogramm der nördlichen Felsenpinguine verantwortlich. Keine einfache Aufgabe, wie Balfanz erklärt. "Sie brauchen bestimmte Nährstoffe, richtig eingestelltes UV-Licht, Außen- und Wassertemperatur für ihr Thermoregulationssystem, all das erfordert jahrelange Erfahrung."

Die heutige Aufgabe wissenschaftlich geführter zoologischer Einrichtungen sieht er auch darin, einen gesunden Genpool zu erhalten, um Arten vor dem Verschwinden zu bewahren. Darüber hinaus werde das Wissen aus der in Schönbrunn betriebenen Grundlagenforschung an Forschende weitergegeben, die sich in freier Wildbahn mit den Pinguinen beschäftigen – und umgekehrt. (Text: Marlene Erhart, Daten: Robin Kohrs, Grafik: Oana Rotariu, 30.10.2023)