Fahne Israel
In mehreren österreichischen Städten wurden in den vergangenen Wochen Israel-Fahnen heruntergerissen. So auch am Stadttempel im ersten Wieder Gemeindebezirk.
APA/MAX SLOVENCIK

Pro: Es braucht entschlossenes Handeln

Nur ein Fetzen Stoff, dessen mutwillige Zerstörung einem kriminellen Kleindelikt gleichkommt? Mitnichten. Wenn in Österreich junge Menschen euphorisiert öffentlich Israel-Fahnen herunterreißen, dann ist das keine einfache Sachbeschädigung mehr. Wir sind in unserer Gesellschaft an einem Punkt angelangt, an dem es für gewisse Gruppierungen keine Hemmschwellen mehr gibt.

Der antisemtische Hass wird aus den Hinterhofmoscheen auf die Straße getragen – in einer Offenheit, die einen Schaudern lässt. Im Jahr 2023 werden in Österreich wieder jüdische Geschäfte angriffen, Vertreter der jüdischen Gemeinden trauen sich an Tagen, an denen Pro-Palästina-Demos stattfinden, nicht mehr auf die Straße, die israelische Fahne wird in Serie geschändet. Vor der Wiener Hauptsynagoge gar untermalt von "Kill! Kill! Kill!"-Rufen.

Von politischer Seite braucht es daher jetzt ein klares, entschlossenes Handeln. Es ist nicht die Zeit für entspannte Evaluierungsrunden sondern es besteht die dringende Notwendigkeit, entschieden Kante zu zeigen gegen gesellschaftsfeindliche Störenfriede. Auch mit der vollen Härte des Gesetzes. Ein wohlwollendes "So sind wir nicht" wird nicht mehr reichen. Denn es gibt Menschen in unserem Land, die genauso sind. Die unsere Werte mit Füßen treten und ohne gröbere Angst vor Konsequenzen ihre Demokratiefeindlichkeit ausleben. (Markus Rohrhofer, 1.11.2023)

Kontra: Es geht um Meinungsfreiheit

Wer eine Flagge auf den Boden wirft, zerreißt oder gar verbrennt, ruft bei anderen Empörung hervor. Das ist die Absicht: Die Herabwürdigung von nationalen Symbolen ist ein heftiges Zeichen des Widerstandes gegen ein Land oder deren Regierung, ja sogar des Hasses.

Kein Wunder, dass viele das verbieten wollen – in Österreich steht es bereits teilweise unter Strafe. Das ist falsch. Denn mit dieser Geste wird niemandem realer Schaden zugefügt. So schwer es auch fällt, dies zu akzeptieren: Flaggen-Schändungen sollten unter das Recht auf Meinungsfreiheit fallen. In den USA wird dies, trotz Rufen nach einem Verbot, von den Gerichten garantiert.

Das betrifft die Fahne der Heimat genauso wie die von fremden Staaten. Wer etwa die Flagge des Iran als Protest gegen die Unterdrückung von Frauen zerreißt, oder die russische als Zeichen gegen den Ukrainekrieg, handelt sogar im Einklang mit demokratischen Werten.

Die israelische Fahne benötigt keinen Sonderstatus; es reicht, wenn die Polizei Synagogen und öffentliche Gebäude ausreichend schützt. Fahnen von einem fremden Gebäude herunterzureißen, ist Sachbeschädigung und sollte als das verfolgt werden. Dafür braucht man keine härteren Gesetze. Aber wenn man sie selbst kauft oder zeichnet, sollte man sie auch öffentlich beschädigen dürfen.

Österreich soll seine Solidarität mit Israel auf viele Weise demonstrieren, aber nicht mit einer sinnlosen Gesetzesnovelle, die einen Grundrechtsverstoß verschärft. (Eric Frey, 1.11.2023)