Signs of War Wiener Filmpreis
Die Viennale vergibt als Publikumsfestival selbst keine Preise. Den Wiener Filmpreis erhielt "Signs of War" von Juri Rechinsky und Pierre Crom.
Pierre Crom

Die 61. Viennale ist mit der Preisverleihung an Halloween, dem 31. Oktober, zu Ende gegangen. Wer erwartet hatte, die Galagäste im Kostüm zu sehen, wurde enttäuscht. Das ist dann doch zu viel kommerzieller US-Import für die Viennale. Stattdessen will das Festival ein Ort der Entdeckungen sein und besticht durch ein ausgesuchtes Programm mit großteils unabhängigen Filmen aus aller Welt. Das ging heuer wunderbar auf: 75.300 Menschen besuchten die Festivalkinos, die Auslastung lag bei 76 Prozent, also höher als zuletzt. 2022 waren es 73.700, 2021 58.200 Besucherinnen und Besucher.

Zugleich ist die Viennale auch ein Ort politischer Diskursbildung, betont Eva Sangiorgi: "Wir haben das Festival mit einem klaren Bewusstsein für die dramatischen Ereignisse begonnen, die die Welt um uns herum erschüttern, und haben uns gefragt, wie wir aus unserer privilegierten Perspektive mit damit umgehen können. 13 Tage lang waren die Kinosäle voll – bei Vorführungen, Begegnungen, Gesprächen und Diskussionen. Dies ist unser Ort des Friedens und der Reflexion", resümiert die Festivaldirektorin.

Preise an "Signs of War" und "Europa"

Das österreichische Kino war heuer äußerst präsent. Jessica Hausner, Nikolaus Geyrhalter, Adrian Goiginger und Sudabeh Mortezai stellten ihre neuen Filme vor. Mortezai gewann für "Europa" den Spezialpreis der Jury des Wiener Filmpreises. Der Hauptpreis ging an die österreichisch-ukrainische Koproduktion "Signs of War" des in Wien lebenden Regisseurs Juri Rechinsky und des niederländischen Kriegsfotografen Pierre Crom. Die eindringliche Dokumentation über den russisch-ukrainischen Krieg lief bereits im Frühjahr in den heimischen Kinos.

Juri Rechinsky
Juri Rechinsky dankte der Jury zum Wiener Filmpreis und fand harte Worte zur weltweiten Kriegssituation.
Viennale 2023 – © Peter Griesser;

Die STANDARD-Leserjury, deren Aufgabe darin besteht, einen Film auszuwählen, um dessen Chancen auf einen Kinostart zu erhöhen, empfahl den japanischen Spielfilm "Hokage" von Tsukamoto Shinya. Dieser thematisiere den Horror einer Nachkriegsgesellschaft und erinnere so "daran, dass der Krieg auch dann nicht zu Ende ist, wenn die Schlachten an den Fronten längst geschlagen wurden". Eine lobende Erwähnung gab es außerdem für die mexikanische Dokumentation "El Eco" von Tatiana Huezo.

Hokage (Shadow of fire) new clip official - Venice Film Festival 2023
The Upcoming

Humorvoller Abschluss mit Dupiex

Der Preis der internationalen Filmkritik ging an die feministische Sauna-Doku "Savvusanna sõsarad" von Anna Hints, die im Dezember im Kino starten wird. Zuletzt prämierte die Jury des Erste-Bank-Filmpreises Martha Mechows österreichisch-deutsche Koproduktion "Die ängstliche Verkehrsteilnehmerin" und Adrian Goigingers "Rickerl". Ersterer fordere gesellschaftliche Transformation, in Letzterem erforsche Goiginger mithilfe seines Hauptdarstellers Voodoo Jürgens die Wiener Seele.

Anna Hints
Die estnische Regisseurin Anna Hints sang ein Ständchen zum Dank für den Fipresci-Preis.
Viennale 2023 – © Peter Griesser;

Auch wenn Stargäste wie Catherine Deneuve oder die Regisseurin Alice Rohrwacher kurzfristig absagen mussten, zeigte sich die Viennale neuerlich als Schauplatz lebendiger und neugieriger Kinokultur. Am Dienstagabend ging sie mit Quentin Dupieux Komödie "Yannick" humorvoll zu Ende. (Valerie Dirk, 31.10.2023)