Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinen Eltern besteht grundsätzlich unabhängig von seinem Alter bis zur sogenannten Selbsterhaltungsfähigkeit. Diese ist erreicht, wenn das Kind hinsichtlich der vom Unterhalt mitumfassten Betreuung das Betreuungsalter überschreitet und bezüglich seiner materiellen Ansprüche aus eigenem Erwerbseinkommen oder Vermögen über ausreichende Mittel verfügt oder verfügen müsste, um sich selbst erhalten zu können.

Die materielle Bedarfsdeckung des Kindes wird durch die Gewährung des Naturalunterhalts gedeckt, sofern das Kind mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt lebt. Sohin etwa durch die Zurverfügungstellung des Wohnraums, der Beistellung der notwendigen Nahrung, Bekleidung und des Schulmaterials. Leben die Kindeseltern getrennt, steht dem Kind von jenem Elternteil, welcher nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, Geldunterhalt zu.

Geldscheine, Richterhammer
Eine Tochter stellte einen gegen ihre Mutter gerichteten Unterhaltsantrag. Diese berief sich auf eine Vereinbarung, die mit dem Vater geschlossen worden war.
Getty Images/iStockphoto

Im Zuge einer Ehescheidung von Kindeseltern ist auch zu vereinbaren, wie mit dem Geldunterhalt der gemeinsamen Kinder zu verfahren ist. Dass die Kindeseltern dabei nicht nur nach ihrem Belieben und vor allem auch nicht frei über die Ansprüche der gemeinsamen Kinder verfügen dürfen, zeigt eine unlängst ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 74/23p).

Keine Ansprüche an die Kindesmutter vereinbart

Konkret wurde zwischen den Scheidungsteilen vereinbart, dass der die gemeinsame Tochter hauptsächliche betreuende Kindesvater gegenüber der Kindesmutter auf die Geltendmachung des Kindesunterhalts verzichtet. Für den dadurch allenfalls fehlenden Unterhalt der Tochter soll ebenso der Kindesvater aufkommen und die Kindesmutter diesbezüglich schad- und klaglos halten. Dies soll ebenso dann gelten, wenn von Dritter Seite oder von der Minderjährigen selbst Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden sollten.

Die Minderjährige stellte vertreten durch die zuständige Bezirkshauptmannschaft jeweils im Oktober und Dezember 2022 einen gegen ihre Mutter gerichteten Unterhaltsantrag. Das Erstgericht wies die Unterhaltsanträge mit der Begründung zurück, dass die oben beschriebene Vereinbarung sowohl für die Mutter als Unterhaltsschuldnerin als auch für die Tochter als Unterhaltsberechtigte bindend sei. Die Minderjährige erhob dagegen wiederum vertreten durch die zuständige Bezirkshauptmannschaft das Rechtsmittel des Rekurses, daraufhin hob das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichts auf. Weiters wurde dem Erstgericht aufgetragen, unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund über die Unterhaltsanträge zu entscheiden. Es führte weiter aus, dass eine Vereinbarung wie die vorliegende, lediglich zwischen den Elternteilen Bindungswirkung entfalten kann.

Der daraufhin angerufene Oberste Gerichtshof sprach aus, dass der durch die Kindesmutter erhobene Revisionsrekurs zwar für die Klärung der Rechtslage zulässig war, jedoch nicht berechtigt. Er vermochte auch nicht der Argumentation der Kindesmutter zu folgen, welche auf vergangene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, hinsichtlich der Unmöglichkeit der Exekutionsführung in einem ähnlich gelagerten Fall, verwies.

Laut OGH fehlte Genehmigung

Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofs kristallisiert sich einmal mehr heraus, dass es tatsächlich – wie von Jurist:innen gerne gesagt – "darauf ankommt". Denn grundsätzlich ist eine gerichtliche Vereinbarung über die Höhe des Unterhalts zwischen den Unterhalsverpflichteten und dem oder der Unterhaltsberechtigten nach § 190 Abs 3 ABGB möglich, ohne dass diese Vereinbarung gerichtlich genehmigt werden müsste. Diese gerichtliche Vereinbarung kann auch Teil der Scheidungsfolgenvereinbarung sein. Die Anwendbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmung scheiterte im konkreten Fall an der Formulierung der Unterhaltsvereinbarung, welche lediglich zwischen den Elternteilen geschlossen wurde und nicht auch mit der Minderjährigen.

Vielmehr – so der Oberste Gerichtshof – liegt eine Vereinbarung nach der Diktion des § 231 Abs 4 ABGB vor, wonach sich ein Elternteil dem anderen gegenüber verpflichtet, für den Unterhalt des Kindes allein oder überwiegend aufzukommen und den anderen für den Fall der Inanspruchnahme mit der Unterhaltspflicht schad- und klaglos zu halten. Eine solche Vereinbarung ist unwirksam, sofern sie nicht im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung vereinbart wurde. Dies trifft im vorliegenden Fall zwar zu, doch muss nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zusätzlich eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung eingeholt werden, damit die Vereinbarung auch gegenüber dem oder der Unterhaltsberechtigten wirksam ist. Da eine solche im vorliegenden Fall fehlt, ist die Vereinbarung der Minderjährigen gegenüber unwirksam.

Auf den ersten Blick mag dies zwar undurchsichtig wirken, dennoch ist diese Rechtsansicht gut nachvollziehbar und naheliegend. Im Ergebnis wurde klargestellt, dass das Kind an eine zwar es betreffende, jedoch nicht mit ihm geschlossene beziehungsweise nicht pflegschaftsgerichtlich genehmigte Unterhaltsvereinbarung der Eltern nicht gebunden ist. Dies entspricht eben dem, was auch im sonstigen Rechtsverkehr gilt, andernfalls könnte man jedweden rechtlich verpflichten, ohne dessen Zustimmung eingeholt zu haben. Dass ein solches Vorgehen nicht mit unserem Rechtsverständnis in Einklang zu bringen ist, ist kohärent. Nichts anderes kann auch für Minderjährige gelten. (Helena Marko, 3.11.2023)