"Lach doch mal!" ist ein Satz, den sich Frauen überall auf der Welt anhören müssen, wenn sie nicht so dreinschauen, wie das (meist männliche) Gegenüber sich das wünschen würde. Das ist übergriffig, macht Frauen zum Objekt, und niemand würde das jemals von einem Mann fordern.

Victoria Beckham beim Spiel Inter de Miami vs Atlanta United
Victoria Beckham lässt sich von niemandem sagen, wann sie lächeln soll.
IMAGO/David Leah

Frauen dürfen selbst entscheiden, wann sie lächeln wollen und auch Grund dazu haben; und nicht weil sich irgendjemand durch ein nicht vorhandenes Lächeln unwohl fühlen könnte. Eine, die ein Lied davon singen kann, ist Victoria Beckham. Seit Jahren wird sie in der Klatschpresse dafür kritisiert, selten zu lächeln. Sie gilt als herz- und humorlos, "bossy", glamoursüchtig, launisch und unnahbar.

Dabei hat das ehemaligen Mitglied der Band Spice Girls, auch bekannt als Posh Spice, durchaus Humor, wie die Videos zeigen, die "Posh" und ihr Mann David, genannt "Becks", auf Instagram zeigen, wo sie sich immer wieder gegenseitig auf die Schaufel nehmen und Einblicke in ihr Familienleben geben.

Netter mit Hund? 

Dort zeigt sich, Victorias Humor ist trocken, subtil, sarkastisch und sympathisch. Im Jahr 2017 brachte ihr Modelabel ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Fashion stole my smile" (zu Deutsch: "Die Mode hat mir mein Lächeln gestohlen") auf den Markt, das Beckham auch selbst trägt.

Victoria Beckham ist umtriebig in Sozialen Medien, wo sie sich ohne Einmischung der Klatschpresse so zeigen kann, wie sie selbst es möchte.
X (Twitter)

"Sobald ich die Paparazzi sah, zog ich meine Rüstung an", erzählte Victoria kürzlich in einem Interview mit der französischen "Vogue". Sie sei manchmal verärgert gewesen über die Aufdringlichkeit der Presse und daher als jemand hingestellt worden, der immer schlechtgelaunt ist. Mithilfe der sozialen Medien hätte sie es schließlich selbst in die Hand genommen, ihr wahres Ich in der Öffentlichkeit zu zeigen, heißt es im Interview weiter – nämlich als jemand, der hart arbeitet, als Ehefrau und Mutter.

Aber auch abseits davon macht Victoria sich das falsche Bild der Öffentlichkeit über sie zunutze, spielt damit, nimmt es mit Humor. Vor wenigen Wochen ist auf Netflix die Doku "Beckham" erschienen, in der das Leben und die Karriere ihres Mannes erzählt werden. Während Victoria von einem Kamerateam interviewt wird, kommt ihr Hund Olive ins Zimmer, woraufhin sie sagt: "Komm mit ins Bild, wenn ich dich streichle, wirke ich netter."

Toxische Kombination

In der Serie ist Victoria nur Nebendarstellerin, was viele in den sozialen Medien bedauern. Freilich wurde die Doku-Serie von den Beckhams selbst freigegeben. Dennoch wird in den vier Episoden deutlich, durch welche Hölle vor allem Victoria gehen musste. Schuld daran ist die toxische Kombination aus britischen Fußballfans und der Boulevardpresse.

Für die Trainer ihres Mannes waren Victoria und der Rummel um sie von Anbeginn eine Ablenkung und somit eine Gefahr für seine Karriere. Auch für die Medien wurde sie schnell zum Sündenbock. Nicht nur einmal hörte man einen Fußballkommentator sagen: "Er tanzt nach ihrer Pfeife."

Als David Beckham sich schließlich bei der WM 1998 zu einem Foul hinreißen ließ, das ihm den Platzverweis einbrachte und seiner Mannschaft eine Niederlage, wurde er danach monatelang vom Boulevard und den Fans gehasst. Fanatiker hatten sogar eine Puppe, die ihn darstellen sollte, auf einer Londoner Straße gehängt.

Wie man es macht

Auch Victoria wurde die Schuld für das Foul gegeben, weil sie ihrem Mann am Vorabend dieses Spiels erzählt hatte, dass sie schwanger sei. Für sie habe es keinen Grund gegeben, es ihm nicht zu sagen, denn sie beide hätten sich ein Kind gewünscht, erklärt sie.

Doch selbst noch in der Doku wird sie skeptisch gefragt: "Dachtest du, das hilft ihm beim Spiel?" Sie wisse es nicht, antwortet Victoria darauf. Und wieder einmal muss sich eine Frau rechtfertigen für den Fehler ihres Mannes.

Heute ist Victoria Beckham eine erfolgreiche Geschäftsfrau. In der Modewelt ist ihr Label angesehen, viele sprechen von ihr als Stilikone.

Victoria Beckham am aktuellen Cover der französischen Vogue.
Instagram

Dennoch gilt für sie wie für viele andere Frauen auch: Wie man es macht, ist es falsch. Victoria wird in der Öffentlichkeit verurteilt, als Hungerhaken bezeichnet und dafür kritisiert, dass sie vorwiegend gedünstetes Gemüse und Fisch isst. Gleichzeitig fallen die Medien über sie her, wenn sie mit ihrer Familie in einem Fastfood-Restaurant gesehen wird.

Dabei ist sie erfrischend ehrlich, wenn es um ihre Ernährung geht. Sie gibt zu, dass sie schlank und fit sein will und daher seit 25 Jahren kalorienarm isst. Dabei tut sie auch nicht so, als würde sie alles essen (können). "Ich bin sehr diszipliniert, wenn es um mein Workout und meine Ernährung geht. Das tut mir gut, dann bin ich einfach am glücklichsten", sagt sie in einem Interview.

Erfrischend ehrlich

Gerade ihre Ehrlichkeit ist es auch, was ihre Fans an ihr lieben. Und sie hat geschafft, wozu man ihr trotz all der schlechten Publicity über sie selbst, ihre Familie und ihr Leben wahrlich nur gratulieren kann: Es kümmert sie nicht, was die Leute von ihr denken. So sagt sie etwa in der Netflix-Doku ganz offen: "Ich mache mir nichts aus Fußball, das war damals schon so und gilt bis heute."

Über die ausgefallenen, lilafarbenen Outfits, die David und sie bei ihrer Hochzeit trugen, sagt sie heute: "Wir hatten Spaß, es war uns egal, was die Leute sagen würden. Ist doch herrlich, wenn man macht, wonach einem ist und einem der Rest egal ist." Recht hat sie! (Bernadette Redl, 10.11.2023)