Die Freude der "Krone"-Familie Dichand an den Geldnöten von René Benko und seiner Signa-Gruppe ist schwer zu übersehen: "Der tiefe Fall des René Benko" titelte Österreichs mächtigste Zeitung vorigen Samstag über ihren – mittelbaren – Gesellschafter. Die Signa-Gruppe sucht nun dreistellige Millionenbeträge für den Weiterbestand, also stellt sich auch die Frage nach ihrer Beteiligung an "Krone" und "Kurier", für die sie 80 Millionen bereits bezahlte und weitere 80 Millionen über eine Option zusicherte. Die Beteiligten schweigen dazu. Aber das komplexe Szenario für die "Krone"-Anteilsfrage lässt sich auch von außen erkennen.

Rene Benko und die
René Benko und die "Krone": Was passiert mit den Signa-Anteilen am Boulevardriesen?
REUTERS/ANTONIO BRONIC / Collage DER STANDARD Lukas Friesenbichler

Eine markante Änderung könnte die Schieflage der Signa auch für die "Krone" bedeuten: Die Beteiligung an Österreichs von der Politik gefürchtetem und gehuldigtem Kleinformat war offenkundig Chefsache bei der Signa, ein persönliches Interesse des Immobilienmultis aus Tirol. Die "Kronen Zeitung" kann in Österreich Geltung verschaffen, vielfach mehr als einst der geborgte Ferrari für einen der ersten Banktermine des jungen Benko in Innsbruck.

Ein Verwalter und Sanierer eines mit Milliardenverbindlichkeiten belasteten Konzerns wie Arndt Geiwitz wird einem Viertelanteil an einer noch so großen österreichischen Zeitung potenziell weniger Interesse entgegenbringen. Zudem wenn die Beteiligung auch noch derzeit eher kostet, als etwas bringt, und keinen wesentlichen Einfluss auf das Medienunternehmen hat. Zum Kerngeschäft der Signa-Gruppe zählen die Medienbeteiligungen eher nicht. Einfach abzustoßen dürften sie aber auch nicht sein – jedenfalls nicht zum ansehnlichen Kaufpreis.

Vergoldeter Notausgang

Im österreichischen Immobilienmilliardär René Benko sah die deutsche Mediengruppe Funke noch Ende 2018 einen vergoldeten Notausgang aus ihrem über Jahrzehnte tobenden, viele Millionen teuren Streit mit der Familie Dichand um Österreichs größte und einflussreichste Tageszeitung: Benko sollte die 50 Prozent der Funke-Gruppe an der "Krone" und fast 50 Prozent am "Kurier" komplett übernehmen, vereinbarten Signa und Funke vor ziemlich genau fünf Jahren.

In Essen, am Sitz der Funke-Gruppe, war man damals sichtlich stolz auf den Coup, Benko an Bord zu holen. Familie Dichand, der die übrigen 50 Prozent der "Krone" gehören, war trotz gerade noch bester Bekanntschaft mit Benko schwer irritiert. Was sich auch in der teils kampagnenhaften Berichterstattung über Benko und seine Aktivitäten geradezu im Wortsinne niederschlug. Sie sieht sich nun in der finanziellen Schieflage der Gruppe bestätigt.

Video: Benko gibt Vorsitz im Signa-Beirat an Geiwitz ab.
APA

Was ist so komplex am "Krone"-Konflikt?

Die Schieflage der Signa freilich löst die komplexe Gemengelage des ewigen "Krone"-Konflikts fürs Erste ebenso wenig wie Benkos "Krone"-Einstieg 2018 – der hat die Lage nur noch komplizierter gemacht.

Was ist so komplex an der "Krone"-Konstruktion? Ein rascher Überblick:

Preisfrage "Krone"-Anteile

Benko zahlte 2018/19 für 49 Prozent an der Funke-Holdingfirma für die Österreich-Beteiligungen kolportiert rund 80 Millionen Euro. Weitere 80 Millionen Euro sollen für die übrigen Anteile der Funke-Gruppe fließen, wenn die Vorrechte der Dichands erfolgreich gekündigt sind, so die Bedingung in den Verträgen. Der Betrag soll via Bankgarantie gesichert sein, manche spekulieren auch über ein Sperrkonto, auf dem sich die Summe befinden soll.

Welche Möglichkeiten der Rückabwicklung oder des Ausstiegs der Vertrag für Benkos Signa vorsieht, ist von außen nicht nachzuvollziehen, ebenso wenig Konditionen für einen möglichen Rückkauf durch die Funke-Gruppe. Die Beteiligten schweigen auf Anfrage; "kein Kommentar", erklärt etwa die Funke-Gruppe. Denkbar wären Fristen für einen Rückzug von der weiteren Kaufoption – wenn die Vorrechte der Dichands etwa über einen bestimmten Zeitraum nicht loszuwerden sind.

Die Signa könnte, unterhalb der Vorkaufsrechte der Dichands, nur knapp weniger als ein Viertel der "Krone"- und "Kurier"-Anteile verkaufen, für die sie 2018/19 80 Millionen Euro bezahlte. Ein heute schwer erzielbarer Preis. Die Funke-Gruppe könnte darauf Vorkaufsrechte haben.

Eingeknickte Ergebnisse

Seit 2018/19 hat sich die wirtschaftliche Lage der Zeitungsbranche insgesamt und des Auflagenriesen Mediaprint mit vervielfachten Papierpreisen, Vertriebskosten und inflationsbedingt deutlich höheren Personalkosten merklich verschlechtert. 160 Millionen Euro für die halbe "Krone" (und fast den halben "Kurier") samt Gewinngarantien für die Mitgesellschafter im Gepäck dürften schwer zu erzielen sein.

Organigramm Mediaprint
Dichand, Funke/Benko und Raiffeisen: Die Eigentümer von "Krone" und "Kurier" im Überblick.
STANDARD-Grafik

Die Mediaprint nahm im jüngsten im Firmenbuch verfügbaren Geschäftsjahr 2021/2022 rund 398 Millionen Euro ein. Das Ergebnis vor Steuern knickte von 20,5 Millionen im Vorjahr auf knapp unter einer Million Euro ein. 2022/2023 dürfte es laut mehreren Quellen unter die Nulllinie gegangen sein, der Jahresabschluss ist noch nicht im Firmenbuch veröffentlicht.

"Welten" entfernt

Die Dichands haben Kaufbereitschaft für weitere "Krone"-Anteile signalisiert. Aber 80 Millionen Euro etwa für Benkos knapp unter 25 Prozent der "Krone" würden sie wohl nicht bezahlen, sagen Kenner der handelnden Personen: 80 Millionen seien "Welten" entfernt von den Preisvorstellungen der Dichands.

Familie Dichand dürfte trotz Dauerstreits unter den Gesellschaftern überschaubares Interesse haben, die aktuelle Konstruktion zu beenden: Sie kann jedenfalls auf Sicht mit garantierten Gewinnen rechnen, die von den anderen Gesellschaftern aufzubringen sind. Die Mehrheit an den dafür verantwortlichen "Krone"-Anteilen hat ja noch immer die Funke-Gruppe. Auch wenn die Funke-Gruppe die Auszahlung blockiert und die Dichands derzeit jeden Gewinn seit dem Geschäftsjahr 2018/19 bei Schiedsgerichten einklagen müssen. Für 2018/19 musste die Funke-Gruppe zuletzt nach einem Schiedsspruch kolportiert rund zwölf Millionen Euro überweisen, weitere Schiedsverfahren über die Gewinnausschüttung für die Folgejahre laufen.

Jüngstes Schiedsgericht

Die Funke-Gruppe hat inzwischen neuerlich die Kündigung der Rahmenvereinbarungen erklärt, ein weiteres Schiedsgericht wird sich mit ihrer Gültigkeit befassen. Nicht ausgeschlossen ist, dass dieses jüngste Schiedsgericht die neuerliche Kündigung der Rahmenverträge durch die Funke-Gruppe für möglich und gültig erklärt – es würde dann aber von der Linie aller bisherigen Schiedssprüche zum Thema abgehen. Und selbst dann würde die "Krone" für die Funke-Gruppe wohl noch teuer: Die ausständigen Garantiegewinne seit 2019 und bis zu einer erfolgreichen Kündigung könnten sich – bei rund zehn Millionen pro Jahr – rasch auf 40 Millionen Euro oder mehr summieren.

Die Funke-Gruppe hat gerade mit dem Medienmanager Michael Tillian einen harten Cost-Cutter in die Geschäftsführung der "Krone" und der Mediaprint entsandt. Wohl nicht alleine, um die Dichands und die "Krone"-Mannschaft ein wenig zu beschäftigen: Jeder Euro erwirtschafteter Gewinn mehr ist ein Euro weniger, den die Funkes den Dichands überweisen müssen – wenn sie weiter keinen Ausweg aus der komplexen "Krone"-Konstruktion finden. (Harald Fidler, 8.11.2023)