Frauen kochen
Kochkurse zu fremden Küchen sind beliebte Angebote an den Erwachsenenschulen
Erwachsenenschulen Tirol

Die Angebotspalette ist bunt – von Brotbackkursen über alte Handwerkskunst oder Wissenswertes zu Heilkräutern, von Sprach- und Repaircafés zu Weiterbildungen im Bereich Digitalisierung und Studienfahrten nach Wien oder Brüssel, wo "Politik live" erlebbar wird. An den Erwachsenenschulen Tirol wird den Teilnehmenden ein abwechslungsreiches Programm geboten. Im Oktober feierten sie ihr 50-jähriges Bestehen.

Die Ursprünge gehen aber bis in die 1950er-Jahre zurück, erzählt Margarete Ringler, Geschäftsführerin des Tiroler Bildungsforums. Damals, 1951, waren drei Junglehrer, alle Absolventen der landwirtschaftlichen Lehranstalt Innsbruck, in der unterrichtsfreien Zeit in den ländlichen Regionen Tirols unterwegs, um der bäuerlichen Bevölkerung Fortbildungen zu ermöglichen. Aus Gesprächen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Gemeinden wurde klar: Auch in den ländlichen Regionen braucht es passende Erwachsenenbildungsangebote. Das Interesse an den Kursen und Vorträgen der drei Wanderlehrer nahm kontinuierlich zu. Und schon bald konnten sie die Nachfrage nach diesen Angeboten in der Ferienzeit nicht mehr bewältigen. 1958 wurde daher der Verein Dorfbildung gegründet, aus dem dann das Tiroler Kulturwerk wurde.

Mit den Erwachsenenschulen ging es in den 1970er-Jahren so richtig los. Damals wurde eine Vielzahl gemeindeübergreifender Zentralhauptschulen in Tirol errichtet, und die Initiatoren des Vereins Dorfbildung hatten die Idee, diese steuerfinanzierten Schulgebäude nicht nur den Schülerinnen und Schülern, sondern auch Erwachsenen als Lernort zur Verfügung zu stellen. Im Schuljahr 1973/74 öffneten dann die ersten 47 Erwachsenenschulen ihre Tore. Mittlerweile gibt es 70 davon, die in 178 von 278 Tiroler Gemeinden aktiv sind. Geleitet werden diese Einrichtungen von ehrenamtlichen Teams, im vergangenen Jahr waren es 130 Ehrenamtliche.

Ort der Begegnung

"Die Teams sind sehr stark weiblich besetzt und meistens auch sehr heterogen. Sie sollen ja auch die Bewohner der Gemeinde abbilden", sagt Ringler. Im Kern sind Erwachsenenschulen Orte der Bildung und Begegnung, wo Leute, die sich vielleicht sonst im Ort nicht treffen würden, gemeinsam lernen. Die Ideen können aus dem Leitungsteam kommen, aber auch die Einwohner können Vorschläge einbringen oder als Referentin Bildungsangebote machen, ergänzt Ringler. "Digitalisierung, Lesekompetenz oder auch Demokratiebildung sind aktuelle Themen, die in den Gemeinden aufpoppen. Und die Erwachsenenschulen schauen dann, welche Angebote sie dafür am besten machen können."

Die Teilnehmenden sind bunt gemischt und kommen aus allen Gesellschaftsteilen und aus allen Generationen. Besonders beliebt sind Bewegungs- und Fitnessangebote. "In einer Gemeinde bietet eine Familie aus Afghanistan regelmäßig Kochkurse zur afghanischen Küche an, die sehr gut ankommen", ergänzt Ringler. Auch die Idee für das erste Repaircafé in Tirol kam aus einer Erwachsenenschule. Die Skepsis damals war groß. Auf dem Land funktioniere das nicht, war die Befürchtung. Mittlerweile finden in über 50 Tiroler Gemeinden regelmäßig Repaircafés statt.

Repaircafé Tirol
Der Impuls für die Repaircafés in Tirol kam von den Erwachsenenschulen
Erwachsenenschulen Tirol

"Erwachsenenschulen waren für vieles Impulsgeber." So geht nicht selten die Gründung eines Sport- oder Handwerksverein auf Kursangebote einer Erwachsenenschule zurück.

Allein im letzten Kursjahr wurden rund 1600 Veranstaltungen angeboten, der Großteil davon als Kurs mit mehr als vier Unterrichtseinheiten. Insgesamt gab es mehr als 20.800 Teilnehmende. Die Kurse sind kostenpflichtig, sollen aber leistbar sein. "Übers Jahr müssen Erwachsenenschulen ausgeglichen bilanzieren", sagt Ringler. Neben Kursangeboten versuchen die Erwachsenenschulen auch kleine Projekte, Exkursionen oder Kulturangebote durchzuführen, die das Zusammenleben in der Gemeinde stärken und den Blick über die Gemeindegrenze werfen lassen.

Professionelle Begleitung

Unterstützung bekommen die Ehrenamtlichen vom Tiroler Bildungsforum. "Um professionelle ehrenamtliche Arbeit in den Gemeinden leisten zu können, braucht es eine starke hauptamtliche Servicierung – sowohl in administrativen, als auch in pädagogischen Belangen." Auch für die Neugründung einer Erwachsenenschule gibt es professionelle Begleitung. Bis zu fünfmal kommen Fachkräfte des Bildungsforums in die Gemeinde zum Abklären des Rahmens. "Dabei geht es um Kostenkalkulation, Buchhaltung, aber auch um Beratung bei der Programmgestaltung. Jede Erwachsenenschule bekommt von uns auch eine Homepage zur Verfügung, die gepflegt werden muss. Das alles ist schon auch mit viel Zeitaufwand verbunden."

Unterstützung müssen aber auch die Gemeinden leisten, indem sie die Schulräume zur Verfügung stellen, sagt Ringler. Das sei nicht immer ganz einfach. "Der Ursprungsgedanke – nämlich die Schule als Bildungsort für alle Altersgruppen – geht teilweise etwas verloren." Dabei würden Erwachsenenschulen auch einen wichtigen Beitrag für eine lebendige Gemeinde leisten. (Gudrun Ostermann, 9.11.2023)