Ein Mann und eine Frau die Arm in Arm weggehen.
75.700 zusätzliche Personen werden bis 2030 in Österreich für Pflege und Betreuung gebraucht. 85,1 Prozent des stationären Pflegepersonals sind Frauen (2021).
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Pflege hat viele Gesichter. Da ist zum Beispiel Konstantin Prager. Als er 14 Jahre alt war, hatte seine Mutter einen schweren Unfall. Daraufhin pflegte er sie. Rund 42.000 Minderjährigen, übernehmen die Pflege ihrer Angehörigen. Da ist auch der Pfleger Dominic Stefl, der mit seinen Kundinnen und Kunden über deren Erfahrungen während des Nationalsozialismus spricht. In dem neuen Buch Und trotzdem, das diese Woche im Ampuls-Verlag erscheint, kommen auch Vertreter von Verbänden, Wissenschafterinnen und anderen Institutionen zu Wort.

Die Autorin und Journalistin Katrin Grabner befragte 23 Personen des Gesundheitssektors: "Es wird momentan viel über Pflegepersonal gesprochen, aber nur sehr selten mit ihnen. Neben den Problemen, wollte ich auch erfahren, warum sie ihren Job so gerne machen." Wer das System Pflege verstehen will und interessiert ist, über welche (Um-)Wege die Interviewten zu ihrem Job kamen, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Trotz des ernsten Themas zieht es nicht runter und ist sehr flüssig zu lesen. Schön bis schonungslos.

Von Syrien nach Linz

Portrait von Mounzer Al Haji.
Mounzer Al Haji flüchtete 2013 nach Österreich. Jetzt ist er hier diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger. Aber bis dahin war es kein leichter Weg.
Wr. Städtische/Richard Haidinger

Es war das Jahr 2013: In einer Drei-Zimmer-Wohnung half er, Blutungen von Kriegsopfern zu stoppen. Im selben Jahr brach er seine Ausbildung zum Krankenpfleger in Syrien ab. Der Weg zur Schule war zu gefährlich. Er verließ seine Heimat. Flüchtete. Eigentlich wollte er nach Deutschland, doch das österreichische Militär stoppte ihn an der Grenze. Eineinhalb Jahre dauerte es, bis der positive Asylbescheid kam. Dann konnte er endlich arbeiten.

Wie war es, am Hochofen in Linz zu schuften, in einer Fast-Food-Kette zu arbeiten und dann auch noch an dem Aufnahmetest für die Krankenpflegerausbildung zu scheitern? So viel sei verraten: Es gibt ein Happy End.

Community-Nurse am Faaker See

Portrait Renate Pirker.
Am Anfang ihrer Zeit als Community Nurse wussten die Menschen noch nicht, was Renate Pirker macht.
Pirker

250 Klientinnen und Klienten betreut Renate Pirker zusammen mit ihrer Kollegin Katharina Dobernig in der Gemeinde Finkenstein in Kärnten. Eigentlich ist die Aufgabe der beiden diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen Personen zu beraten, zum Beispiel beim Antrag auf Pflegegeld. Doch wenn die mobile Pflege überlastet ist und keine Ressourcen für akute Einsätze hat, packen Renate und Katharina mit an und wechseln schon schon mal einen Verband oder Ähnliches.

Sie berichtet über die anfängliche Skepsis in der Gegend und gibt Einblicke in die Hausbesuche, die sie macht. Das Schönste an ihrem Job: die Gespräche mit den Menschen, das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird und die langfristige Arbeit mit ihren Klientinnen.

Plötzlich Pflegerin

Margarete und Manfred Denner lachend in ihrer Wohnung.
Margarete Denners Leben veränderte sich komplett als bei ihrem Mann ALS diagnostiziert wurde.
Richard Tanzer

Margarete Denner ist eigentlich ausgebildete Schneiderin. Zwölf Jahre vor Pensionsantritt änderte sich alles: ihr Mann erkrankte an der nicht heilbaren Krankheit ALS. Margarete berichtet im Buch: "Ich bin zu Hause geblieben, weil mein Mann Hilfe gebraucht hat - bei allem." Es hieß, er hätte noch fünf Jahre zu leben. "Heute, über 30 Jahre später, lachen wir noch immer zusammen."

Das Pflegen lernte sie hauptsächlich von Fachkräften im Krankenhaus und eignete sich viel Wissen mit der Zeit selbst an. Sie erzählt von den Blicken in der Öffentlichkeit und ihrem Willen trotzdem am Leben teilzuhaben. Margarete ist kein Einzelfall: Rund 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Österreich werden zu Hause durch Angehörige gepflegt.

Demenz verstehen

Kornelia Rümmele-Gstrein mit Buch im Garten sitzend.
Kornelia Rümmele-Gstrein weiß, was es für die Arbeit mit an Demenz erkrankten Personen braucht.
Rümmele-Gstrein

"Menschen mit Demenz erreicht man am besten über die Gefühls- und Herzenswelt", sagt die diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflegerin Kornelia Rümmele-Gstrein, die in Lichtenstein mit an Demenz erkrankten Personen arbeitet. Sie gibt einen tiefen und überraschenden Einblick in ihren Arbeitsalltag.

Wussten Sie zum Beispiel, dass an Demenz erkrankte Personen eine ganz bestimmte Architektur benötigen? Dass jede Demenz anders ist und man detektivisch vorgehen muss, um herauszufinden, wie man am besten mit der Person kommuniziert und ihr ein angenehmes Leben bereiten kann? (Natascha Ickert, 11.11.2023)