Signa
Signa-Projekt in Berlin.
IMAGO/Jochen Eckel

Wien – Die kriselnde Signa-Gruppe hat einem Insider zufolge bei fast allen namhaften österreichischen Banken Kredite ausständig. Das Gesamt-Exposure der Finanzinstitute habe sich auf rund 2,2 Milliarden Euro belaufen, sagte eine Person mit Kenntnis der Situation zur Nachrichtenagentur Reuters und bezog sich auf Daten von der Mitte des Jahres. Der STANDARD berichtete bereits am 6. November.

Die größten Kreditgeber des vom Tiroler Investor René Benko gegründeten Handels- und Immobilienunternehmens seien die Raiffeisen Bank International (RBI), die ihr Engagement bei Signa in den vergangenen Jahren deutlich reduziert habe, und die zur italienischen Unicredit gehörende Bank Austria. Auf diese beiden Geldhäuser entfielen den Daten zufolge beinahe zwei Drittel des Kreditvolumens, so der Insider.

Nach Gesprächen mit den EZB-Aufsichtsbehörden, die über die Aussichten der Signa-Gruppe besorgt sind, hätten sich die Banken entschlossen, ihr Engagement bei der Immobiliengruppe zu reduzieren, sagte ein weiterer Insider. Die beiden Banken lehnten einen Kommentar ab und verwiesen auf das Bankgeheimnis. Auch die EZB, die diese Institute direkt beaufsichtigt, wollte die Informationen nicht kommentieren. Signa war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Weitere Kreditgeber von Signa mit unterschiedlich hohen Exposures sind dem Insider zufolge die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien, die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich und die Erste Group. Die Banken lehnten einen Kommentar ab.

Video: René Benko gab am Mittwoch bekannt, seinen Vorsitz im Beirat der Signa Holding abzugeben.
APA

OeNB: "Stabilität nicht gefährdet"

Grundsätzlich sehen die österreichischen Banken trotz der Krise auf dem Immobilienmarkt keine übermäßigen Risiken. "Unser Portfolio an Gewerbeimmobilien ist wirklich sehr solide", sagte Erste-Group-Risikochefin Alexandra Habeler-Drabek Ende Oktober anlässlich der Ergebnisse zum dritten Quartal. Ein Banksprecher verwies zudem darauf, dass der gemeinnützigen Wohnbau in Österreich ein wesentlicher Teil des Gewerbeimmobiliengeschäfts sei.

Allgemein zu Gewerbeimmobilien erklärte die RBI, dass ihr Kreditportfolio in diesem Sektor stark diversifiziert und mit guten Sicherheiten hinterlegt sei. Zudem würden die finanzierten Gewerbeimmobilien stabile Cash Flows erzielen. Auch die Aufsicht macht sich wenig Sorgen: "Wir sehen die Finanzmarktstabilität nicht gefährdet", sagte ein Sprecher der Oesterreichischen Nationalbank. Zu einzelnen Instituten äußern sich die Notenbank und die Finanzmarktaufsicht nicht.

In einer früheren Signa-Präsentation, die Reuters vorliegt, finden sich insgesamt dutzende österreichische, deutsche und Schweizer Banken, Versicherungen und Pensionsfonds, die als Investoren und Finanzierungspartner genannt werden.

Offene Fragen nach Benkos Rückzug

Benko hatte am Mittwoch nach tagelangen Verhandlung mit den Gesellschaftern seinen Rücktritt als Beiratsvorsitzender erklärt. Er übergibt das Ruder an den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz, der die Gruppe nun restrukturieren soll. Die Signa-Gruppe, zu der neben Prestige-Immobilien wie dem Chrysler Building in New York auch die deutsche Warenhauskette Galeria gehört, ist seit mehr als zwei Jahrzehnten ein wichtiger Akteur in der europäischen Immobilienbranche.

Der Sektor boomte jahrelang, als die Zinsen extrem niedrig waren. Nun machen der Branche aber die drastisch verteuerten Finanzierungen sowie gestiegene Baukosten schwer zu schaffen. Die Sporthandelssparte von Signa meldete kürzlich Insolvenz an, und der Bau eines Wolkenkratzers wurde gestoppt, nachdem der Bauträger die Zahlungen an den Bauunternehmer eingestellt hatte. Die US-Ratingagentur Fitch stufte zudem eine Signa-Tochter auf "hochriskant" herab und warnte vor Ansteckungsrisiken für weitere Teile der Gruppe. Wie viel Kapital nötig ist, um das Unternehmen zu stabilisieren, ist nach wie vor unklar.

Benko sagte am Mittwoch, dass das Immobilienportfolio von Signa "einzigartig" sei. Er sei sich absolut sicher, dass das Unternehmen eine sehr gute Zukunft haben könne. Seinen Rückzug bezeichnete er als die beste Lösung für das Unternehmen, seine Partner, Investoren sowie die Mitarbeiter. "Es gilt nun, Vertrauen wiederherzustellen, dazu will ich meinen Beitrag leisten." (APA, 10.11.2023)