Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger will die Werte der liberalen Demokratie vor allem über die Schulen in den Menschen verankern.
IMAGO/Isabelle Ouvrard

"Niemals wieder" müsse jetzt ganz aktuell das Motto lauten, sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem Parteikollegen, dem Wiener Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr. Denn man schaue mit Bestürzung auf die Gewalt in Israel; aber auch auf die Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Österreich, Hakenkreuz-Schmierereien am jüdischen Friedhof in Wien und weitere antisemitische Akte auf den heimischen Straßen und in Schulen.

Angesichts dieser Lage sei es schwer, Gemeinsamkeiten zu finden. Aber genau diese Gemeinsamkeiten machten westliche Demokratien aus. "Was eint uns?", fragte die Neos-Chefin, um gleich selbst eine Antwort zu geben: "Unser Glaube heißt Demokratie. Wir haben diese Freiheiten aber nur, weil wir dieses gemeinsame Band haben."

Demokratie "muss wehrhaft sein"

Deshalb fordere man von der Bundesregierung ein verpflichtendes Unterrichtsfach "Leben in der Demokratie". Es solle Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen, genau diese Grundwerte von Freiheit, offener Gesellschaft und Toleranz zu verstehen – und ab der ersten Klasse Volksschule über die ganze Schullaufbahn hinweg unterrichtet werden.

Denn die Demokratie müsse auch wehrhaft sein, man müsse entschlossen auftreten, wo diese demokratische Gesinnung, "wenn man so will der Staatsethos", angezweifelt werde. Nur die liberale Demokratie ermögliche eine offene, pluralistische Gesellschaft und garantiere Religions-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

Petition, "um Druck zu machen"

"Fakultative Angebote" würden zur Vermittlung offenbar nicht ausreichen. Es gebe zwar tolle Initiativen, aber zu oft sei das ein "preaching to the converted": Man erreiche jene, die ohnehin von der Demokratie überzeugt seien, aber nicht jene, die es wirklich bräuchten. Deshalb sei ein neues Schulfach notwendig.

Die Neos würden nun eine Petition starten, "um Druck zu machen". Meinl-Reisinger lädt zudem kommende Woche im Parlament zu einem runden Tisch, um mit Fachleuten Details für das Schulfach zu eruieren. Sie wolle mit dem Vorschlag auch auf alle Parteien zugehen. Als Lehrerinnen und Lehrer für das neue Schulfach kämen etwa jene aus den Fächern Geschichte, Politische Bildung und Ethik infrage.

Bildung gegen radikales Gedankengut

Auch Wiederkehr betonte, der Glaube an die Demokratie müsse dringend gestärkt werden. Von linker Seite hätten viele zu lange weggeschaut. Rechte hätten dagegen die Debatte für ihre Zwecke instrumentalisiert. Fest stehe: Alle müssten sich an die gemeinsamen demokratischen Werte halten. Andernfalls müsse es Konsequenzen geben, etwa beim Aufenthaltsrecht.

In dem Schulfach müssten zentrale Werte wie die Menschen- und Bürgerrechte vermittelt werden, aber auch zentrale Bausteine der Demokratie und Ethik. Ein Pflichtfach ist für Wiederkehr der einzige langfristige Lösungsweg, denn Bildung sei das beste Mittel gegen radikales Gedankengut. (Martin Tschiderer, 10.11.2023)