Sie hat es schon wieder getan. Greta Thunberg hat erneut eine Klimaschutzkundgebung mit dem Krieg im Nahen Osten vermischt: "No climate justice on occupied land", skandierte sie, angetan mit einem Palästinensertuch – und gab das Mikrofon an eine Frau weiter, die Israel prompt "Völkermord in meinem Land" vorwarf.

Man muss sich das vergegenwärtigen: Im Nahen Osten tobt ein Krieg, den die Hamas verschuldet hat, in dem ihre Terroristen 1.200 israelische Zivilisten, vom Baby bis zur Großmutter, abgeschlachtet haben – und im Westen tobt ein Krieg der Worte, bei dem dieses Verbrechen letztlich relativiert oder sogar noch gerechtfertigt wird.

Greta Thunberg
Greta Thunberg wird immer mehr zum Problem für die Klimaschutzbewegung.
IMAGO/Robin Utrecht/ANP

Greta Thunberg wird zum Problem für die Klimaschutzbewegung. Das zeigen auch die empörten Reaktionen von Teilnehmern an der Demo. Er sei wegen des Klimaschutzes hier, nicht wegen Thunbergs politischer Ansichten, sagte jener Mann, der die Bühne erklomm – bevor er entfernt wurde. Tatsächlich gibt Thunberg das Bild einer Unbelehrbaren ab. Die Ikone einer Generation verrät ihre ursprüngliche Mission. Thunberg gab jungen Menschen, die sich um den Fortbestand des Planeten sorgen, Gesicht, Stimme und Hoffnung. Nun äußert sie sich, völlig unangebracht und unpassend, auf Klima-Demos zu Nahostpolitik und ignoriert dabei, dass sich Juden auf aller Welt nicht mehr sicher fühlen, weil Antisemitismus aus allen Winkeln quillt: "No climate justice on occupied land". Was soll das überhaupt bedeuten?

Okkupiert wird hier, ohne viel nachzudenken, der Nahostkonflikt mit Worten. Transferiert wird er auf Demos in Europa und den USA, wo alles vermischt wird: Einsatz für Frieden und der Wunsch auf Schutz ziviler Personen im Nahen Osten mit der Ablehnung von Israels Recht auf Selbstverteidigung. Sogar das Existenzrecht Israels wird negiert, Terrorismus als palästinensischer "Freiheitskampf" etikettiert – ohne auch nur einen Funken von Mitgefühl für die israelischen Opfer des Terrorangriffs vom 7. Oktober. Das Massaker dieses Tages ist in seiner Grausamkeit und Barbarei beispiellos – das könnte man einfach so stehen lassen. Natürlich muss man auch darauf hinweisen, dass im Gazastreifen viele unschuldige Zivilisten getötet werden. Es ist auch nicht jede Aufforderung an Israels militärische und politische Führung, die Rettung dieser Zivilisten zuzulassen und zu ermöglichen, gleich eine unbotmäßige, tendenziell feindselige "Kritik an Israel". Aber die Aufrechnung und die Schuldumkehr – das geht sich nicht aus.

Leider wird gerade überall zugespitzt. Schon darf sich etwa die FPÖ wieder die Hände reiben, weil ganz schnell und auf ganz breiter Ebene wieder davon die Rede ist, dass "die Muslime", die "bei uns" leben, eben nicht integrationsbereit seien. Auch hier wird Wahres mit Falschem vermischt, auch hier wird zu wenig überlegt, welche Folgen allzu starke Worte haben. Dass Ariel Muzicant, ehemaliger Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), frontal "sogenannte Gutmenschen" angreift und für den nun aufflammenden Antisemitismus verantwortlich macht, spielt Herbert Kickl und der FPÖ in die Hände. Ob Muzicant das bewusst ist, ob er das, bei aller verständlichen Empörung, bedacht hat? Was wir derzeit am dringendsten brauchen, ist keine Zuspitzung – sondern eine Abrüstung der Worte. (Petra Stuiber, 13.11.2023)