Alexander van der Bellen
Zu Van der Bellens Amtsführung gibt es in allen Parteiwählerschaften eine positive Einschätzung – außer bei den FPÖ-Wählern.
APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER

Für seine zweite Amtszeit hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Vorjahr 56,7 Prozent der Stimmen bekommen – und dieses Niveau ist auch in der aktuellen Umfrage festzustellen: 55 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten sind mit dem Wahlausgang heute zufrieden (30 Prozent) oder sogar sehr zufrieden (25 Prozent). 39 Prozent sind dagegen weniger zufrieden (16 Prozent) oder gar nicht zufrieden (23 Prozent). Besondere Zufriedenheit bekunden die Anhängerinnen und Anhänger von Grünen und SPÖ.

Das geht aus der Oktober-Umfrage des Linzer Market-Instituts für den STANDARD hervor. Diese zeigt auch, dass das von den Amtsvorgängern angestrebte – aber auch von diesen nicht durchwegs erreichte – Ziel, als Bundespräsident für alle Österreicherinnen und Österreicher wahrgenommen zu werden, von Van der Bellen verfehlt wird.

Wunsch nach Harmonie

Market-Politikforscher David Pfarrhofer: "Es ist demokratische Normalität, dass nicht alle Menschen eines Landes unkritisch hinter einem Staatsoberhaupt stehen – aber in Österreich ist die Erwartung eine andere. Man darf nicht vergessen, wie hoch die Zustimmungsraten bei der Wiederwahl von Rudolf Kirchschläger 1980 oder Heinz Fischer 2010 waren. Auch bei Thomas Klestil war letztlich ein hoher Wunsch nach Harmonie zu bemerken. Da haben sich auch die Leute, die den jeweiligen Bundespräsidenten zunächst nicht gewählt hatten, später hinter ihn gestellt."

In der Amtszeit von Van der Bellen habe die FPÖ eine Hochschaubahnfahrt an Ablehnung und Zustimmung durchgemacht: "Jetzt hat die FPÖ wieder viele Unterstützer – und diese haben überwiegend keinen Frieden mit dem Staatsoberhaupt gemacht. 70 Prozent der Freiheitlichen sind völlig unzufrieden damit, dass Van der Bellen gewählt worden ist", sagt Pfarrhofer.

Zum Vergleich: Im Herbst 2019, die Freiheitlichen waren nach Ibiza aus der Regierung geflogen und Van der Bellen hatte eine Beamtenregierung eingesetzt, waren die FPÖ-Wähler ebenfalls sehr kritisch genüber dem Bundespräsidenten. Aber es waren eben weniger FPÖ-Wähler. Und die Werte für Van der Bellen waren insgesamt sehr hoch: Damals bekundeten 45 Prozent volle und weitere 30 Prozent überwiegende Zufriedenheit damit, dass er zum Bundespräsidenten gewählt worden war.

Nicht für alle Österreicher

Der Aussage "Bundespräsident Van der Bellen ist ein Bundespräsident für alle Österreicherinnen und Österreicher" stimmten im Herbst 2019 noch 51 Prozent der Befragten voll und weitere 20 Prozent überwiegend zu. Nur 13 Prozent stimmten gar nicht zu. Jetzt stimmen 33 Prozent voll und 19 Prozent überwiegend zu. Der Anteil jener, die ihn gar nicht als Präsidenten für alle sehen wollen, ist auf 24 Prozent gestiegen.

Während 2019 noch gut zwei Drittel (42 Prozent völlig und weitere 26 Prozent überwiegend) Van der Bellen als moralische Autorität bezeichnet haben, ist es jetzt nur mehr etwas mehr als die Hälfte: 28 Prozent bestätigen ihm volle und 24 Prozent überwiegende moralische Autorität.

Moralische Autorität

Auch in anderen Fragen zu Van der Bellens Amtsführung gibt es in allen Parteiwählerschaften eine positive Einschätzung – außer bei den FPÖ-Wählern. Zwar gibt es weiterhin eine Mehrheit, die dem Amtsinhaber bescheinigt, dass er sich um die Interessen der Republik bemüht. Aber 22 Prozent meinen, dass das gar nicht der Fall sei. Und diese scharfen Kritiker finden sich vorwiegend im FPÖ-Lager, in anderen Parteiwählerschaften ist derartige Kritik kaum anzutreffen.

Eine Forderung an den aktuellen Bundespräsidenten ist allerdings in allen Wählerschaften – auch in jenen der Regierungsparteien ÖVP und Grüne sowie der FPÖ – mehrheitsfähig: "Bundespräsident Van der Bellen sollte die Regierung schärfer kontrollieren." Dem stimmen 33 Prozent voll und 31 Prozent überwiegend zu – 17 Prozent ein wenig und nur neun Prozent gar nicht. (Conrad Seidl, 14.11.2023)