Investor René Benko war bereits Auskunftsperson in einem U-Ausschuss, auch hier waren seine Immobiliendeals Thema.
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Überlegungen seitens der Oppositionsparteien zu einem möglichen neuen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gibt es seit Monaten. Bisher konnten sich SPÖ, FPÖ und Neos aber auf kein Thema einigen. Dass die Zeit für einen neuen U-Ausschuss drängt, ist ein offenes Geheimnis: Will man vor den kommenden Nationalratswahlen 2024 ein Thema gründlich mit Befragungen beackern, braucht es wohl noch im Herbst eine Entscheidung. Immerhin muss auch die notwendige Vorlaufzeit für Aktenlieferungen mitberücksichtigt werden.

Nun kommt ein Vorstoß von den Grünen, der aufhorchen lässt: Die Abgeordnete Nina Tomaselli möchte die Deals von Investor René Benko und seiner Signa-Gruppe im Rahmen eines U-Ausschusses unter die Lupe nehmen. Benko hat erst vor einer Woche den Vorsitz im Beirat der angeschlagenen Immobilien- und Handelsgruppe zurückgelegt. Tomaselli will untersuchen, ob es bei den Deals eine "Spezialbehandlung seitens der Politik" gab, "dass er da sein Luftschlösserreich so aufbauen konnte", wie sie im Ö1-Morgenjournal sagte. Zu klären sei etwa auch, warum es der damaligen türkis-blauen Regierung so ein Anliegen gewesen war, dass der Investor Kika/Leiner übernimmt.

Kanzler: "Einzelmeinung einer Abgeordneten"

Ein Foul am eigenen Koalitionspartner ÖVP, dem über den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz intensive Kontakte zum Investor nachgesagt werden, weist Tomaselli zurück. "Es sind ja viele dem angeblichen Wunderwuzzi auf den Leim gegangen. Das betrifft Vertreter aller Parteien."

Die ÖVP dürfte sich dennoch vor den Kopf gestoßen fühlen und zeigt sich von einem derartigen U-Ausschuss alles andere als begeistert. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach im Pressefoyer nach dem Ministerrat von der "Einzelmeinung einer Abgeordneten". Tomaselli gehe es offenbar "nicht darum, konstruktive Politik betreiben, sondern einzig um persönliche Profilierungen", meinte auch ÖVP-Mandatar Andreas Hanger. "Seriöse politische Arbeit sollte im Zentrum der Arbeit von Abgeordneten stehen und nicht Showpolitik, wie Tomaselli sie betreibt."

Erst Anfang Oktober wurde ein Verlangen der ÖVP bekannt, wonach die Volkspartei Inseratenaufträge, Umfragen und Studien der anderen Parteien, inklusive der Grünen, in deren Regierungszeit untersuchen wollte. Gelandet war dieses Verlangen nach einem solchen U-Ausschuss - wohl aus Versehen - im Postfach des Neos-Abgeordneten Helmut Brandstätter. Die Neos machten die Sache daraufhin publik, Parteichefin Beate Meinl-Reisinger sprach von einem "Frontalangriff auf den eigenen Koalitionspartner".

Keine Einigkeit bei Thema

Den Ausschuss initiieren könnte die Opposition dank Minderheitenrecht. Spießen dürfte es sich aber weiterhin am exakten Thema eines möglichen neuen U-Ausschusses. So hatte vor dem Sommer bereits FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker selbst einen Kika/Leiner-U-Ausschuss gefordert. Die SPÖ brachte zudem eine mögliche Untersuchung der Corona-Hilfen und deren Vergabe durch die Covid-19-Finanzierungsagentur Cofag ins Spiel. Auch hier könnten die Vorgänge rund um den Kauf und Verkauf von Kika/Leiner durch Benko parlamentarisch beleuchtet werden. Doch auch ein U-Ausschuss zum Thema Terroranschlag in Wien – samt Fokus auf den Verfassungsschutz und die Operation Luxor – war im Gespräch.

Die SPÖ reagierte am Mittwoch verschnupft auf den Zuruf der Grünen. "Es liegen viele Skandale auf dem Tisch, die aufgeklärt werden müssen. Da gehört die Causa Benko/Kika-Leiner sicher dazu", hieß es seitens des Klubs. Und: "Wir sind dazu in Gesprächen mit den anderen Oppositionsparteien. Diesen Gesprächen greifen wir nicht vor." Die Grünen könnten auch jederzeit einen Ausschuss mit der ÖVP machen, wurde außerdem angemerkt. "Als Regierungspartei der Opposition zu sagen, was die untersuchen soll, ist bisher noch nicht vorgekommen. Wir sind aber gespannt, was für einen Antrag sie vorlegen werden."

SPÖ laut FPÖ "auf der Bremse"

Bei einer Pressekonferenz Mittwoch Vormittag äußerte sich auch FPÖ-Chef Herbert Kickl in Sachen U-Ausschuss. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an den Antrag der Freiheitlichen vom Juni, einen U-Ausschuss zum Thema Kika/Leiner einzusetzen - dieser sei von allen anderen Parteien abgelehnt worden. Auch "von denjenigen Grünen, deren Zustimmung gereicht hätte, um den U-Ausschuss auf den Weg zu bringen", sagt Kickl.

Der Parteichef bestätigte außerdem, dass FPÖ und SPÖ über die Einsetzung eines U-Ausschusses verhandeln, die Sozialdemokraten allerdings beim Thema Benko und Signa-Gruppe "auf der Bremse" stehen würden. Kickl habe "den Eindruck, dass das mit der Person Gusenbauer zu tun haben könnte". Der ehemalige SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer habe als Beiratsmitglied und Signa-Prime-Aufsichtsratsvorsitzender schließlich eine "Schlüsselrolle" inne, so Kickl.

Die FPÖ werde sich aber "von allfälligen Schutzinteressen" und der "Hinhaltetaktik" der SPÖ "nicht bremsen lassen". Verweigert sich die SPÖ weiterhin, zieht die FPÖ es auch in Betracht, mit anderen Parteien den U-Ausschuss einzusetzen. "Wir sind bereit, die anderen müssen sich erklärten", sagt Kickl. Für ihn gehe es nicht darum, "mit wem man es macht, sondern dass es gemacht wird."

Für die Neos komme es stark darauf an, wie ein solcher U-Ausschuss definiert sei, und ob man mit den zur Verfügung stehenden Methoden auch zu relevanten Ergebnissen komme, meinte die Abgeordnete Karin Doppelbauer am Rande einer Pressekonferenz. Die Frage sei immer, ob man dann auch Konsequenzen aus den Ergebnissen ziehen könne - wenn das der Fall sei, schaue man sich die Initiative gerne an und sei auch dabei. Von roten Ideen zur Untersuchung der Covid-19-Finanzierungsagentur (Cofag) ist Doppelbauer hingegen nicht angetan, denn der SPÖ gehe es derzeit offenbar nur darum, Unternehmen hervor zu zerren, die sich ihnen zustehende Hilfen abgeholt haben. (David Krutzler, Sandra Schieder, 15.11.2023)