FPÖ-Chef Herbert Kickl will einen "absoluten Asylstopp" und eine "Festung Österreich" bauen.
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Die ÖVP lässt in letzter Zeit wieder einmal mit aufsehenerregenden Initiativen zum Thema Asyl und Integration aufhorchen. So schlug Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am Dienstag vor, mit einer "Null-Toleranz-Initiative" die Verleihung der Staatsbürgerschaft frühestens nach zehn Jahren möglich zu machen. Am Mittwoch forderte sie schließlich eine klare Distanzierung der Muslime von Terror und Antisemitismus. Erst Anfang November präsentierte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner einen "Vorarlberg-Kodex", den Asylsuchende unterschreiben sollen und der sie unter anderem zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Nicht nur Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zeigte sich offen für diese Idee, auch andere ÖVP-geführte Länder bekundeten Sympathien für die Maßnahmen im "Vorarlberg-Kodex".

Video: Kickl propagiert einmal mehr die "Festung Österreich."
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Als "unglaubwürdig" bezeichnet hingegen FPÖ-Chef Herbert Kickl "die jetzt neu zutage getretene Aktivität der ÖVP" in Sachen Asyl und Integration. "Je näher die Wahlen kommen, desto intensiver wird die Kommunikation der ÖVP" bei diesem Thema, sagte Kickl Mittwochvormittag bei einer Pressekonferenz. Es gehe der ÖVP nicht darum, "eine Veränderung der Asylpolitik herbeizuführen", die Ansagen seien lediglich ein "neuerlicher Anlauf zum Wählerbetrug im Vorfeld des Superwahljahres".

Der "Kodex", wie er nun von der ÖVP beworben werde, sei "ein Zettel Papier mehr in diesem ganzen Asylwahnsinn". Wallner sei "einer der schlimmsten Verhinderer und Bremser der freiheitlichen Asylpolitik" in den Jahren 2018 und 2019 gewesen, in denen ÖVP und FPÖ gemeinsam auf Bundesebene regiert hatten, meinte Kickl. Auf Landesebene hingegen befindet sich die FPÖ indes in drei Bundesländern in aufrechter Koalition mit der ÖVP, unter anderem in Niederösterreich. Im Hinblick auf Mikl-Leitners Vorstoß meinte Kickl, dass er nicht glaube, "dass da allzu viel Abstimmung" mit der FPÖ in Niederösterreich stattgefunden habe.

Hart ins Gericht ging Kickl zudem mit der SPÖ und deren Initiativen zum Thema Asyl und Integration. Diese habe auf ihrem Parteitag am Wochenende "Asyl-Grauslichkeiten beschlossen" und sich damit "als Partei der Österreich-Zerstörer einzementiert". Beispielhaft zählte der blaue Parteichef etwa die roten Anträge auf, legale Fluchtrouten zu schaffen, illegale Pushbacks und Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen.

Das wiederum ließ die SPÖ nicht auf sich sitzen. Für Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim sei Kickl in der türkis-blauen Regierung weniger ein Innenminister, sondern vor allem ein "Zirkusdirektor und Pferdedompteur" gewesen. Dieser habe "entgegen allen Ankündigungen" weder die Balkanroute geschlossen noch Maßnahmen zum Schutz der EU-Außengrenzen gesetzt. Statt sich um Rückführungsabkommen habe Kickl sich um seine Pferde gekümmert.

"Obergrenze ist null"

Kickl propagierte außerdem erneut sein Ziel eines "absoluten Asylstopps", in Österreich sollen also keine neuen Asylanträge mehr gestellt werden können. "Meine Obergrenze ist null." Als "freiheitlicher Regierungschef" würde er dieses Ziel "ganz oben auf meine Agenda setzen". Einmal mehr betonte Kickl in diesem Zusammenhang, dass die Prüfung von Asylanträgen und die Versorgung von Asylwerberinnen und Asylwerbern im nächstgelegenen sicheren Nachbarland zu erfolgen hätten – das sei für ihn die "einzig mögliche Definition von legaler Fluchtroute".

Offen bleibt, mit wem Kickl dieses Ziel in einer möglichen Koalition umsetzen möchte. Zunächst wolle er mit der Bevölkerung eine Koalition bilden, "auf Basis dieser Koalition will ich die Wahlen gewinnen". Sofern die FPÖ als Erster aus diesen Wahlen herausgeht – Umfragen sprechen seit einem Jahr dafür –, werde bei den anderen Parteien "kein Stein auf dem anderen bleiben", prophezeit Kickl. Im Anschluss werde er zunächst mit der zweiplatzierten und danach mit der drittplatzierten Partei das Gespräch suchen.

Die FPÖ habe dann jedenfalls vor, "Hand in Hand mit der Bevölkerung eine Festung Österreich" zu bauen. Das werde "eine Festung auf Höhe der Zeit sein".

"Mogelpackung und Blendgranaten"

Dass die Zahl der Außerlandesbringungen in Österreich in diesem Jahr deutlich gestiegen ist, ist für Kickl kein Grund zur Freude. Die Zahlen bezeichnete dieser als "Mogelpackung" und "Blendgranten", weil sich unter jenen, die Österreich verlassen haben, kaum Afghanen und Syrer befinden würden.

Eine Anfragebeantwortung des Innenministeriums an den FPÖ-Abgeordneten Hannes Amesbauer zeigt außerdem, dass die Zahl der auf dem Asylweg in die Grundversorgung gelangten Personen leicht ansteigend ist. Im September waren knapp 19.000 Asylwerberinnen und Asylwerber, gut 3.200 Asylberechtigte und knapp 10.300 subsidiär Schutzberechtigte, in dieser Betreuung. Das sind rund 4.000 mehr als zur gleichen Zeit im Vorjahr.

Einen höheren Wert gab es das letze Mal 2018, als Kickl Innenminister war. Während damals die Zahl der Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten ähnlich war wie heuer, war jene der Asylwerber in der Grundversorgung mit rund 32.000 Personen deutlich höher. Hierzu sagt dieser: "Jeden Einzelnen, der in die Grundversorgung eingetreten ist, habe ich von meinen Vorgängern geerbt." Johanna Mikl-Leitner und Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) hätten diese "ins Asylsystem hineingeholt". (Sandra Schieder, 15.11.2023)