Dass ein gewisses Interesse an etwaigen außerehelichen Tätigkeiten zwischen Ehepartnern bestehen und diesen auch unter Umständen in professioneller oder privater Detektivarbeit nachgegangen werden kann, ist bekannt und auch rechtlich mit dem ehelichen Nachforschungsrecht vereinbar. So gibt es auch höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Ersatz von Detektivkosten, welche einen Schadenersatzanspruch eines Ehegatten gegen den Ehestörer zum Gegenstand hat.

Versteckte Kamera
Auch wenn es ein Nachforschungsrecht gibt: Die Überwachung der Ehegattin im Zuge einer Trennung mit etwa einer versteckten Kamera in der Wohnung ist rechtlich eindeutig nicht gedeckt.
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Der vorliegende Anlassfall ist jedoch anders ausgestaltet, und der Oberste Gerichtshof hat ausdrücklich ausgesprochen, dass die erwähnte Judikaturlinie nicht auf diesen anzuwenden ist. Das Nachforschungsrecht des Ehegatten kann fließend in Verhalten übergehen, welches (psychische) Gewalt darstellt und schwerwiegend in die Privatsphäre des anderen eingreift. Gegen ein solches Verhalten können Opfer vorübergehenden Schutz durch eine einstweilige Verfügung erwirken.

Überwachung mit verschiedenen technischen Mitteln

Im konkreten Fall ist eine 13-jährige Beziehung, davon drei Jahre verehelicht, auf Wunsch der Frau auseinandergegangen. Seit die Frau den Wunsch der Trennung ausgesprochen hat, fühlte sie sich verfolgt und beobachtet. Dies nicht grundlos, wie sich später herausstellen sollte. So hatte ihr Mann eine versteckte Videokamera in der vormals gemeinsam bewohnten Ehewohnung bei der Playstation unter einem Kästchen installiert. Um die Entdeckung zu vermeiden, war die weiße Kamera mit schwarzem Klebeband abgebunden. Wenige Tage später fand sie in der Tasche ihres Mannes Fotoausdrucke ihrer Smartphone-Dateien, darunter Kontaktdaten und Anruflisten. Eine entsprechende Einwilligung dazu lag nicht vor. Darüber hinaus hat die Frau eine Rechnung über zwei Überwachungskameras samt vier SD-Karten gefunden. Weitere unangenehme Überraschungen ahnend, fand sie am selben Abend einen Peilsender im Kofferraum des ausschließlich von ihr genützten Pkws. Umgehend suchte die Frau die Polizei auf, diese sprach gegen den Mann ein Betretungsverbot für das Wohnhaus sowie ein Annäherungsverbot aus.

Der Mann rechtfertigte die oben beschriebene Überwachung seiner Frau mit seinem Plan, einen Beweis für ihr mutmaßlich außereheliches Verhalten zu gewinnen, den er in einem späteren Scheidungsverfahren verwenden könne. Die Frau durchlief aufgrund der Überwachungsmaßnahmen ihres Mannes eine mittelgradige depressive Episode und erlitt Panikattacken, weshalb ihr Medikamente verschrieben und eine Psychotherapie empfohlen wurde.

Die Frau beantragte eine einstweilige Verfügung gegen ihren Mann. Das Erstgericht verbot diesem den Aufenthalt in der bisherigen Ehewohnung und derer unmittelbarer Umgebung, die persönliche Kontaktaufnahme und die Verfolgung seiner Frau, insbesondere durch technische Mittel wie GPS-Tracker, Kameras und Mikrofone sowie die briefliche, telefonische und sonstige Kontaktaufnahme. Keines der dagegen erhobenen Rechtsmittel des Mannes vermochte an der Entscheidung des Erstgerichts etwas zu ändern.

OGH ortet Eingriff in die Privatsphäre

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die ursprüngliche Entscheidung des Erstgerichts (7 Ob 38/23y/OGH 22.3.2023), insbesondere den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach den §§ 382b, 382c EO. Erstere regelt die Wegweisung aus der gemeinsamen Wohnung, während letztere Bestimmung das Aufenthalts-, Kontaktaufnahme- und Verfolgungsverbot beinhaltet, sohin den Anspruch auf Unterlassung von "Stalking"-Handlungen oder anderen unzulässigen Eingriffen in die Privatsphäre.

Der Einsatz von technischen Mitteln sei laut OGH besonders heikel, weil dadurch schwerwiegend in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention der überwachten Person eingegriffen wird. Der damit erzeugte permanente Überwachungsdruck kann insbesondere zu einer erheblichen Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit führen. Eine Überwachung durch technische Mittel sei auch ein schwerwiegenderer Eingriff als die schlichte Beobachtung durch einen Detektiv, so der Oberste Gerichtshof bei der Bestätigung der einstweiligen Verfügung.

Dennoch gilt unverändert das Nachforschungsrecht des Ehegatten, sich Klarheit über einen eherechtlich relevanten Sachverhalt, zum Beispiel Untreue, zu schaffen. Von diesem Recht durch den Einsatz von technischen Mitteln wie der hiesige Antragsgegner Gebrauch zu machen ist dringend abzuraten, da damit schnell ein Eingriff in Grundrechte bewirkt werden kann und damit, wie hier, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erfüllt sein können. (Julia Andras, 17.11.2023)