Gelitin Brunnen
Der Brunnen hatte im Vorfeld für Aufregung in den sozialen Medien gesorgt.
PID / Christian Jobst

Etwa zwei Wochen ist es her, dass in sozialen Medien und Boulevardblättern Kritik an dem neuen Brunnen der Künstlergruppe Gelitin in Wien laut geworden ist: Kinder würden sich nicht in die Nähe des Brunnens im Favoritner Sonnwendviertel trauen, er sei ein "Protz-Brunnen" und eine "Luxusfontäne" (DER STANDARD berichtete).

Die Gelitin-Mitglieder Ali Janka, Wolfgang Gantner und Tobias Urban (Florian Reither fehlte) stellten sich am Mittwochnachmittag im Rahmen eines Künstlergesprächs nun den Fragen der Öffentlichkeit. Mit bunten Strickhauben und -schals ausgerüstet standen sie vor dem Betonbrunnen mit dem Titel WirWasser und runzelten, angesprochen auf die online grassierende Kritik, die Stirn.

Raunzer im Internet

"Wir reden gern mit den Leuten, aber nicht auf Social Media", sagte Janka und zuckte mit den Schultern. Was da gesagt werde, sei ihnen "wurscht", denn "das Internet gibt einem halt die Möglichkeit, dass man sehr einfach raunzen kann".

Kritik auf X, vormals Twitter.
X

Für die Befürchtung und Behauptungen mancher, Kindern würde es vor den 33 Betonfiguren gruseln, hatten die drei Künstler wenig übrig: Bisher hätten sie nichts dergleichen beobachten können. Während die Erwachsenen bei dem Termin fachsimpelten, kletterten ein paar Kinder munter auf den Skulpturen herum.

Auch sonst zeichnete die Gruppe am Mittwoch eine gewisse Gelassenheit aus. Wie viel der Brunnen insgesamt gekostet hat? Wüsste sie nicht – es waren rund 1,8 Millionen Euro. 325.000 Euro aber, das wussten die Künstler dann doch, durfte die künstlerische Arbeit maximal kosten. Am Ende war es "ein bissl mehr" als das, immerhin seien mehr als 20 Helfer an der Fertigung beteiligt gewesen, für die Misch- und Gussarbeiten musste eine eigene Atelierhalle angemietet werden.

Keine Reue

Damit, dass WirWasser für Aufsehen sorgen würde, hätten sie schon gerechnet – sei man bei permanenter Kunst im öffentlichen Raum doch immer mit negativen Stimmen konfrontiert. Ob die Gruppe im Nachhinein etwas anders machen würde? Wohl kaum: "Unser Job als Künstler ist, die Kunst zu machen. Die Politiker müssen wissen, wie sie die Politik dazu machen", gab sich Wolfgang Gantner zufrieden.

Gelitin
Ali Janka von der Künstlergruppe Gelitin beim Gespräch am Brunnen.
Standard

Kritik der Öffentlichkeit ist der Gruppe schließlich nicht fremd. Betitelt als Arc de Triomphe, pinkelte sich 2003 eine Gelitin-Skulptur vor dem Salzburger Rupertinum in den eigenen Mund, 2018 pflanzten die vier Künstler gigantische Kothaufen in das Rotterdamer Museum Boijmans Van Beuningen. "Alles, was wir angreifen, wird zu Scheiße", stimmten sie damals ihren Kritikern zu.

Dass sich inzwischen also eine gewisse Immunität gegenüber den "Raunzern" eingestellt hat, ist nachvollziehbar. Die betonte Wurschtigkeit, mit der die Gruppe Kritik und Nachfragen begegnete, wirkte am Mittwoch aber doch ein wenig naiv. (Caroline Schluge, 16.11.2023)