Die Frage, wann es sinnvoll ist, ein Testament zu errichten, ist recht einfach zu beantworten: Immer dann, wenn man die gesetzliche Erbfolge vermeiden oder abändern möchte. Kurz zur Erinnerung: die gesetzliche Erbfolge kommt immer dann zur Anwendung, wenn jemand ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstirbt. Im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge erben bestimmte nahe Angehörige dann nach Quoten.

Aktenordner,
Will man etwa Konflikte zwischen den Erben vermeiden, kann man die Vermögensweitergabe mit einem Testament dementsprechend anpassen.
IMAGO/Steinach

Nun gibt es verschiedene Gründe, warum man dies nicht möchte. Diese können persönlicher Natur sein, sprich man möchte nicht, dass bestimmte nahe Angehörige erben. Oft ist das Miteigentum nach Erbquoten aber auch nicht die bevorzugte Form der Vermögensweitergabe, vor allem im Hinblick auf spätere Konflikte zwischen den Erben. Im Folgenden werden einige dieser Gründe kurz dargestellt:

Die unerwünschten gesetzlichen Erben

Nicht immer bestehen zu allen nahen Verwandten gleich enge Beziehungen. So wird in der Praxis häufig der Wunsch geäußerte, dass eines von mehreren Kindern einen größeren Anteil vom Erbe bekommen soll als die anderen. Um diesen – freilich nur innerhalb der Grenzen des Pflichtteilsrechts erfüllbaren – Wunsch umzusetzen, bedarf es einer letztwilligen Verfügung.

Weiters kann es auch sein, dass jemand überhaupt nicht möchte, dass seine gesetzlichen Erben zum Zug kommen. Hat jemand keine Kinder und ist auch nicht verheiratet, sind dessen Eltern gesetzliche Erben. Da Eltern seit der Erbrechtsreform 2017 nicht mehr pflichtteilsberechtigt sind, kann in diesem Fall der gesamte Nachlass durch eine letztwillige Verfügung einer anderen Person zugewendet werden.

Minderjährige Kinder als gesetzliche Erben

Generell sollten größere Vermögenswerte nur in Ausnahmefällen an minderjährige Kinder vererbt werden. Vor allem bei Liegenschaften oder aber auch bei Unternehmensanteilen kann das (Mit-)Eigentum minderjähriger Kinder zu Problemen führen, da die Verwaltung ihres Vermögens unter der Aufsicht des Pflegschaftsgerichts steht. Es empfiehlt sich daher in der Regel, minderjährige Kinder mittels letztwilliger Verfügung zunächst auf den Pflichtteil zu beschränken und allenfalls eine Pflichtteilsstundung anzuordnen.

Freilich soll in den meisten Fällen den Kindern das Vermögen langfristig (zum Beispiel bei Volljährigkeit oder Erreichen eines bestimmten Lebensalters) zukommen. Dies kann durch testamentarische Gestaltungen abgesichert werden.

Vermeidung von Miteigentum

Für leicht teilbare Vermögensgegenstände (zum Beispiel Guthaben auf Konten, Bargeld) eignet sich das bedingte Miteigentum nach Erbquoten, das sich durch die gesetzliche Erbfolge bei mehreren gesetzlichen Erben ergibt. Bei anderen Vermögenswerten, wie etwa Liegenschaften oder Unternehmensbeteiligungen, kann sich Miteigentum als äußerst mühsam und konfliktanfällig erweisen. Solche Vermögenswerte sollten daher mittels letztwilliger Verfügung einzelnen Personen zugeordnet werden.

Die geänderte Lebenssituation

Ganz allgemein empfiehlt es sich bei Veränderungen der Lebenssituation (Hochzeit, Scheidung, Geburt eines Kindes, größere Vermögenszuwächse etc.) zu überlegen, ob die gesetzliche Erbfolge noch zu dem gewünschten Ergebnis führt. Aber auch dann, wenn in der Vergangenheit bereits eine letztwillige Verfügung errichtet wurde, sollte diese anhand der geänderten Rahmenbedingungen überprüft werden. (Katharina Müller, Martin Melzer, 21.11.2023)