Lebt ein Kind mit einem Elternteil nicht im gemeinsamen Haushalt, so ist deren Kontakt entsprechend zu vereinbaren. Das Kontaktrecht ist dabei losgelöst von der Obsorgevereinbarung zu sehen, so steht der Kontakt auch zu, wenn der andere Elternteil alleinobsorgeberechtigt ist, und ist eine Kontaktrechtsvereinbarung ebenso bei gemeinsamer Obsorge zu treffen.

Das Kontaktrecht ist nicht nur ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung und ist durch Art 8 EMRK, Art 9 UN-KRK und Art 2 Abs 1 BVG Kinderrechte besonders geschützt, sondern verpflichtet die Eltern auch zu persönlichen Kontakten zu ihrem Kind. Doch nicht immer haben Kinder Interesse am Kontakt zu einem Elternteil. Inwiefern dieser Wunsch seitens minderjähriger Kinder zu berücksichtigen ist, hatte unlängst der Oberste Gerichtshof zu entscheiden.

Mann steht vor Klingel
Auch wenn die Eltern zum Kontakt mit den Kindern verpflichtet sind, kann dieser unter gegebenen Umständen verweigert werden.
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Der Kindesvater beantragte das Kontaktrecht zu seinen beiden Töchtern. Die bereits im 13. beziehungsweise 14. Lebensjahr stehenden Mädchen lehnen jeden Kontakt zu ihrem Vater bereits seit längerem entschieden ab. Dem Willen der Minderjährigen folgend, hatte weder die erste noch die zweite Instanz dem Kindesvater das beantragte Kontaktrecht eingeräumt, woraufhin dieser den außerordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof (8 Ob 25/23v) richtete. Dieser führte einleitend aus, dass die vorliegende Rechtsfrage nicht von erheblicher Bedeutung ist, das Kontaktrecht hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und ist daher nicht zu beanstanden, sofern nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt werden oder das Wohl des Minderjährigen nicht ausreichend bedacht wurde. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs war sohin im vorliegenden Fall keine Folge zu leisten.

Wer das letzte Wort hat

Besonders Bezug genommen wurde auch auf den § 108 Außerstreitgesetz, demnach ist jedenfalls dem Willen eines Minderjährigen, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, und keinen Kontakt zu einem Elternteil wünscht, Folge zu leisten. Ab 14 Jahren haben sohin endgültig die Minderjährigen das letzte Wort hinsichtlich des Kontakts zu einem Elternteil. Hinsichtlich jener Minderjährigen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist oben genannte Gesetzesbestimmung ausdrücklich nicht anzuwenden, so der Oberste Gerichtshof. Dennoch ist auch auf deren Willen Bedacht zu nehmen, vor allem vor dem Hintergrund, inwiefern sich der erzwungene Kontakt bei bereits bestehender ablehnender Haltung dessen, vertieft und verstärkt. Auch ist dem Willen des Kindes mehr Gewicht zuzuschreiben, umso näher es der Vollendung des 14. Lebensjahres kommt.

Da die Töchter des Antragstellers, zu welchen der Kontakt vereinbart werden sollte, im Entscheidungszeitpunkt bereits im 13. beziehungsweise 14. Lebensjahr waren und die Beeinflussung ihres Willens durch die alleinobsorgeberechtigte Mutter nicht festgestellt werden konnte, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen vom Obersten Gerichtshof nicht zu korrigieren.

Die gegenständliche Entscheidung folgt somit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und ist auch nicht zu beanstanden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Ablehnung des Kontakts zu einem Elternteil, nicht durch Zwang umgepolt werden kann. Ebenso ist dem Obersten Gerichtshof zuzustimmen, wenn dem Willen, jener Minderjähriger, welche zeitnah das 14. Lebensjahr vollenden werden, immer größer werdende Bedeutung zugemessen wird und die Differenzierung nicht an einem Geburtstag festgenagelt wird. Die Entscheidung steht sohin im Einklang mit der obersten Prämisse des Kontaktrechts – dem Kindeswohl. (Helena Marko, Magdalena Kainz, 5.12.2023)