Tonio Soravia serviert im Collina international inspirierte Küche aus familieneigenen Latifundien.
Tonio Soravia serviert im Collina international inspirierte Küche aus familieneigenen Latifundien.
Gerhard Wasserbauer

Wer sich zur Abwechslung vom Sohn eines wahrhaftigen Superreichen das Glas nachfüllen lassen will – im neuen Collina auf dem Spittelberg ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Das Lokal, zuvor als Kussmaul für einen Sohn Hans Peter Haselsteiners sehr exklusiv zurechtgemacht und danach den Köchen Harald Brunner und Max Stiegl überlassen, ist jetzt in den Händen eines weiteren Sohnes von einem anderen Bauunternehmer, Hanno Soravia. Der junge Mann heißt Tono, ist ausgebildeter Koch, war zuvor in Hongkong in der Gastronomie tätig.

Nun mag man die Vorschusslorbeeren nicht ganz so flink bereithalten, wenn es um die Arbeitsmoral von Söhnen geht, die sich auch einmal außerhalb ihrer goldenen Käfige darstellen wollen. Man kennt das aus diversen Königshäusern: Es können ziemliche Gfraster dabei sein, emotional geforderte Schicksale, benachteiligt durch das Aufbringen mit allzu goldenem Löffel, elterliche Dauerabsenz und sonstige Verschwörungen, die das Schicksal nur für die wirklich Privilegierten bereithält. Umso mehr freut man sich, wenn man so einem zur Abwechslung leibhaftig beim Hackeln zuschauen darf. So wie beim Spontanbesuch vor einigen Tagen, wo Soravia jun. sich den ganzen Abend sehr nachhaltig der Betreuung der Gäste widmete: Da wurden Teller abgeräumt und Gläser nachgefüllt, Mäntel abgenommen und Weinflaschen zwecks Kostschluckerei schüppelweise durchs Lokal und wieder retour geschleppt, Beschwerden und gute Ratschläge lächelnd entgegengenommen und die Kollegenschaft am Laufen gehalten, dass es tatsächlich wie Arbeit aussah. Noch ein Bier, bitte!

Wildschwein Char Siu ("Shot of the day"), dazu roh marinierte Schwarzwurzeln.
Gerhard Wasserbauer

Auch die Küche macht sich über weite Strecken gut. Am Pass steht mit Martin Feichtinger ein Mann, der den Ort kennt, er hat hier schon als Sous-Chef für Harald Brunner die Kohlen aus dem Feuer geholt. Jetzt soll er die Jagdstrecken und Fischzüge der familieneigenen Latifundien entsprechend wohlgefällig vorrichten. Funktioniert in Sachen Fisch einstweilen nicht so ganz. Vater Soravia hat zwar die Fischrechte weiter Teile des Millstätter Sees inne, irgendwie ist man aber jetzt erst draufgekommen, dass die Post für gekühlten Übernachttransport von fragilen Lebensmitteln auch ein bisserl was verrechnen muss. Deshalb kommt –"zumindest bis zum Sommer" – noch Zuchtware von Eishken Estate zum Einsatz. Regenbogenforelle, sachte mariniert und in saftigen Happen in einer buttermilchigen Marinade mit allerhand Kräuteröl und zart zupackender Säure badend, wird so sehr gefällig als "Catch of the Day" vermarktet.

Nach der Jagd

Soravia junior ist offenbar selbst Jäger, dementsprechend prominent steht Wild auf der Karte. Was als Pâté en croute vom Wildschwein angepriesen wird, ist eine Art heftig geräucherte, trotz Feinfaschierung aber bröckelige Streichwurst im Teigmantel und um 18 Euro sehr selbstbewusst kalkuliert – die anderen Wild-Positionen der Karte können es aber viel besser. Tonnato vom Hirschkalb zum Beispiel, idealtypisch medium rare gebraten, wird in dünnen Scheiben auf Thunfischcreme gebettet und mit süßen Zwiebeln kombiniert – bitte in dieser Art weiter ins Schwarze zu treffen, danke. Wildschwein Char Siu ("Shot of the day") ist dann überhaupt fantastisch. Wie Feichtinger das zu notorischer Trockenheit neigende Fleisch nach kantonesischer Manier rot (und löffelweich) schmort und den marinierten Rücken dazu kurz und richtig saftig brät, das hebt dieses schwierige Fleisch in eine neue Liga. Schwarzwurzeln, roh mariniert und von animierend knackiger Säure, sind dazu ein idealer Begleiter.

Auf der legendären Rotisserie dreht sich an diesem Abend eine Porchetta mit Salzzitronenfülle. Sehr knusprig, sehr geil – die Kombination mit einem vor Butter triefenden Gratin ist dem Vernehmen nach aber bereits Geschichte. (Rondo, Severin Corti, 1.12.2023)