Die haushaltspolitische Not in Deutschland ist groß. 60 Milliarden Euro in Form von nicht abgerufenen Krediten aus der Corona-Zeit können in den kommenden Jahren nicht mehr für Klimaschutzprojekte verwendet werden. Das tut ziemlich weh.

Das Verfassungsgericht in Karlsruhe hat der Trickserei – dem Verschieben von einem Fonds in einen anderen – ja kürzlich einen Riegel vorgeschoben. Man durfte also auf die erste Regierungserklärung des deutschen Kanzlers Olaf Scholz (SPD) dazu gespannt sein. Wie würde er das Schlamassel erklären? Sich eventuell gar entschuldigen?

Bundeskanzler Olaf Scholz
Von Selbstkritik keine Spur: der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz.
REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

Doch Scholz enttäuschte am Dienstag im Parlament in der Causa erneut: von Selbstkritik keine Spur. Und die bittere Lage, in die die Politik seiner Ampel geführt hat, nennt er schlicht die "neue Realität". Es klang ein wenig so, als trage nicht seine Koalition, sondern das Höchstgericht in Karlsruhe die Verantwortung für die Misere.

Aber sei's drum, das Kind ist sowieso in den Brunnen gefallen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat mittler-weile einen Nachtragshaushalt für 2023 einbringen müssen, um das laufende Budget auf rechtssichere Füße zu stellen. Dafür wird erneut die Schuldenbremse ausgesetzt. Es passiert also das, was die Regierung, allen voran die FDP, eigentlich hätte vermeiden wollen.

"Herausforderungen"

Den Nachtragshaushalt begründet Scholz mit den Milliardenhilfen, die für die Ukraine und die vom Jahrhunderthochwasser 2021 betroffenen Bundesländer nötig sind. Damit, sagen Verfassungsexperten, könnte die Ampel durchkommen.

Aber es wirkte bei Scholz so, als müsse man sich mit all diesen Krisen und der daraus resultierenden Haushaltsnotlage einfach abfinden. Irgendwo ist jetzt ja immer Krise, die einen in viele neue Schulden zwingt. Wie praktisch.

Beim Haushalt 2023 könnte es noch funktionieren, 2024 wohl nicht mehr. Expertinnen und Experten warnen, die FDP will im kommenden Jahr die Schuldenbremse unbedingt wieder einhalten. Zum Wohl der nachfolgenden Generationen und auch zu ihrem eigenen. Weil sonst braucht sie bei der deutschen Bundestagswahl 2025 gleich gar nicht mehr anzutreten.

Es ist also klar, dass sich auf der Ausgabenseite etwas wird ändern müssen, wenn das Volk keine neuen Steuern aufgebrummt bekommen soll. Doch dazu sagt Scholz kein Wort, spricht nur von "Herausforderungen" und "Härte".

Da hätten Bürgerinnen und Bürger wie Unternehmerinnen und Unternehmer sicher gern mehr erfahren. Sie hören aber nur lauwarme Worte von "unterhaken" und "niemanden zurücklassen" und bekommen als Beruhigungspille noch "you never walk alone" obendrauf.

Das ist zu wenig. Die Deutschen wollen wissen, wo die Regierung den Rotstift ansetzt. Ein paar Ideen wird sie ja schon haben. Also, raus damit. Ungewissheit ist oft schlimmer als die Wahrheit – auch wenn diese hart ist.

In den nächsten Wochen – oder besser: Tagen – muss Scholz konkreter werden. Sein Ansehen ist auf dem Tiefpunkt, der Spiegel verhöhnt ihn diese Woche auf dem Cover als "Besserwisser", die Opposition lacht und wütet nur noch.

Scholz hat sich diese Suppe selbst eingebrockt, er muss das aushalten. Aber die Deutschen haben eine solche Art von "Regierungsarbeit" nicht verdient. (Birgit Baumann, 28.11.2023)