Peter Jost
Peter Jost soll seinen Job als Klagenfurter Magistratsdirektor beenden.
Stadt Klagenfurt

Vorläufig verschoben wurde die Entscheidung über die berufliche Zukunft des Klagenfurter Magistratsdirektors Peter Jost. Am Mittwoch tagte der Stadtsenat der Kärntner Landeshauptstadt, in dem über die Abberufung Josts hätte abgestimmt werden sollen. Doch wie noch während der Sitzung bekannt wurde, will der Stadtsenat die Entscheidung in den Gemeinderat verlagern.

Hintergrund des von Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) eingebrachten Abberufungsantrags ist die sogenannte "Spitzelaffäre" im Rathaus. In der Vorwoche hatte Liesnig publikgemacht, dass sein E-Mail-Account auf Anordnung der Magistratsdirektion von einer beigezogenen IT-Firma geöffnet wurde. Und mutmaßlich nicht nur seine. Wie Liesnigs Anwalt Michael Pilz erklärte, wurden die Mailboxen "aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadt systematisch durchsucht, durchwühlt und bespitzelt".

800 Überstunden

Der Grund für das Durchforsten der Mailkonten, das ohne Genehmigung der Justizbehörden durchgeführt wurde: Die Magistratsdirektion ist auf der Suche nach dem Whistleblower, der die Gehaltszettel des Magistratsdirektors rausgespielt haben soll. Jost verdiente im Vorjahr rund 200.000 Euro brutto und kassierte obendrauf fast 70.000 Euro brutto für 800 geleistete Überstunden. Seit dem Bekanntwerden des stattlichen Salärs steht das Klagenfurter Rathaus kopf.

In der Folge wurden zwei Magistratsmitarbeiter suspendiert. Gegen sie wird von der Staatsanwaltschaft wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Ermittlungen gegen den Journalisten (und Autor dieses Artikels), der Josts Gehalt veröffentlicht hatte, wurden eingestellt.

Im Fokus der Behörden

Aktuell steht aber auch Jost im Fokus der Justiz. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt untersucht, ob Josts Überstundenabrechnungen rechtens waren. Der Vorwurf: Untreue unter Ausnützung einer Amtsstellung. Auch gegen Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) wird in der Überstunden-Causa ermittelt. Er war es, der die Mehrstunden des Magistratsdirektors abzeichnete. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Klagenfurter Behörden den Fall an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien abgetreten haben.

Von behördlichen Ermittlungen betroffen ist auch der Büroleiter von Scheider. Der hatte, noch über eine Leasingfirma bei der Stadt beschäftigt, fast 700 Überstunden geleistet und dafür gut 62.000 Euro an Aufwendung produziert. Insgesamt kostete der Büroleiter den Steuerzahler während eines Jahres über 200.000 Euro. Bei der Kontrolle durch den Stadtrechnungshof gab er an, die Überstunden zu einem Drittel für die Begleitung des Bürgermeisters zu Veranstaltungen, Bieranstichen und Feuerwehrfesten erbracht zu haben. Dort habe er etwa für Inhalte für die Social-Media-Kanäle des Bürgermeisters gesorgt.

Bei einer Pressekonferenz sagte Scheider, er habe von der Durchforstung der E-Mail-Konten der Beschäftigten nichts gewusst. Scheiders Anwalt Michael Sommer erklärte zudem, dass die Mails nicht nach Inhalten durchsucht worden seien. Die beigezogene IT-Firma habe nur Logdateien gesammelt. Das bestätigte Bernhard Fink, der Anwalt des IT-Unternehmens.

Dienst per Notfallverordnung

Jost wurde bereits im Oktober 65 Jahre alt, ist also pensionsberechtigt. Scheider hatte ihn aber Ende letzten Jahres bis zum 67. Lebensjahr dienstverlängert. Und zwar quasi in einer geheimen Kommandoaktion. Er verlängerte das Dienstverhältnis per Notfallverordnung. Die steht dem Bürgermeister jedoch nur, wie der Name schon sagt, für Notfälle zur Verfügung. Danach folgte ein Sturm der Entrüstung anderer Parteien. Und eine Beschwerde ans Land Kärnten. Die dortige Gemeindeaufsicht versagte dem Bürgermeister daraufhin die Notfallverlängerung Josts, was Scheider wiederum vor dem Landesverwaltungsgericht bekämpfte. Vorerst erfolgreich: Das Gericht schmiss den Landesbescheid zweimal zurück. Einmal wegen eines Formalfehlers, das andere Mal deshalb, weil der Bescheid als Instrument für einen derart, vom Land angenommenen, heftigen Rechtsbruch nicht das geeignete Mittel sei.

Es ist damit zu rechnen, dass das Land diesen Bescheid reparieren wird und dem Bürgermeister den Notfallparagrafen abermals versagt. Doch der könnte dieser Niederlage zuvorkommen: Sonntagabend rief er die anderen Parteien zu Krisengesprächen zusammen. Mit folgendem Ziel: Dienstfreistellung Josts. Doch die SPÖ und die FPÖ versagten Scheider die Unterschrift. Woraufhin der Stadtsenat tagte.

Jetzt soll Josts Abberufung nächste Woche im Gemeinderat über die Bühne gehen. Das könnte noch spannend werden. Denn Jost könnte die Stadt auf Einhaltung der zweijährigen Verlängerung klagen, die er von Scheider zugesprochen bekommen hat. Bei Josts Salär könnte die Stadt das also noch sehr teuer kommen. Auch ohne Überstunden würde das wohl hunderttausende Euro ausmachen. Womit dann auch die Frage aufkäme, ob sich die Stadt Klagenfurt regressieren würde. Wenn ja, wird sie das wohl bei Scheider machen. Der dürfte sich dann in einem Déjà-vu befinden: Er suspendierte Jost schon einmal. Vor gut 15 Jahren musste Jost abtreten, weil angenommen wurde, dass der Magistratsdirektor eine Zulage nicht hätte beziehen dürfen. Doch Jost gilt als kluger Taktiker und guter Jurist. Er klagte sich zurück und kehrte triumphal auf den Thron des "Magi", wie er intern ehrfurchtsvoll genannt wird, zurück. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Franz Miklautz, 29.11.2023)